Die Eisenbahn

Am 16. Mai 1859 wurde die neue Strecke der Eisenbahn Trient-Bozen eröffnet, nachdem im März desselben Jahres jene von Verona nach Trient in Betrieb genommen worden war. Die Fortsetzung über den Brenner wurde erst 1867 hergestellt.
Der Bau wurde von Alois Negrelli, dem Direktor der Eisenbahnbauten im habsburgischen Königreich Lombardo-Venetien im Auftrag der k. k. Südtiroler Staatseisenbahn geplant. Die Arbeiten wurden abschnittsweise an Bauunternehmer vergeben; jene für den Abschnitt Auer-Bozen hat der Unternehmer Paolo Vanotti ausgeführt. Dieses Unternehmen beschäftigte fast ausschließlich Arbeiter aus dem Trentino. Ähnlich wie die Unternehmer der Etschregulierung haben auch jene des Eisenbahnbaues betriebseigene Kantinen unterhalten, in denen die Arbeiter mit Gutscheinen der Firma Kost und Unterkunft fanden und zahlen konnten. Vanotti unterbot mit seinen Lebensmittelpreisen die örtlichen Lebensmittelgeschäfte. Es kam schließlich zu einer An zeige gegen Vanotti und zu einem Prozeß.

Paolo Vanotti hat einen Großteil der Arbeiten an Maurermeister weitervergeben, welche ihrerseits eine größere Anzahl von Arbeitern beschäftigten. Im Bereich Leifers-St. Jakob arbeitete für Vanotti auch der Maurermeister Gio Battist Chiochetti, mit welchem Vanotti schon 1856 in Streit geriet.
Der Großteil der Arbeiten wurde händisch verrichtet, so daß insgesamt im Abschnitt Auer bis Bozen über 1000 Arbeiter beschäftigt waren. Aus den Akten gewinnt man den Eindruck, daß sich diese Menschenmassen für die an die Eisenbahnstrecke angrenzenden Bauern als eine echte Plage erwiesen. Weder Obst noch Gemüse soll sicher gewesen sein, ja sogar die Hennen konnte man nicht genug einsperren, und im kalten Winter landeten Baumstützen und Weingartholz im Ofen der Arbeiterkantinen. Klagen darüber finden sich in den Archiven.
Viele der am Eisenbahnbau beschäftigten Arbeiter blieben auch nach Fertigstellung der Arbeiten und wurden hier seßhaft.
Der Bau der Eisenbahn hat sich für unsere Gegend aber auch noch in anderer Hinsicht ausgewirkt. Der über dem Talboden erhöhte Eisenbahnkörper wirkte nämlich wie ein zweiter Damm gegen die immer wieder über die Ufer tretenden Etschwasser.
Andererseits war die Verbauung der Etsch eine Voraussetzung für den Bahnbau. Zusammenfassend sagte dazu Beda Weber 1849: "Man wünscht sich eine Eisenbahn durchs Etschtal .... weil dadurch am leichtesten die Etsch bleibend eingedämmt werden könnte. "Von entscheidender Bedeutung war der Bau der Eisenbahn schließlich für den Waren- und Personenverkehr: Während nämlich bis dahin die Etsch Schiffahrt und die Flößerei noch immer eine bestimmte Bedeutung hatten, war es damit seit der Eröffnung der Bahn endgültig vorbei. Die Bahn war schneller, zuverlässiger, billiger. Allerdings wurde die Haltestelle in Leifers nicht schon 1859, sondern erst etwas später erbaut; sie scheint nämlich im Fahrplan zur Eröffnung des Bahn Betriebes nicht auf.
Die Eisenbahn beendete auch die Zeit der Rottfuhr, und der Warenverkehr auf der Straße ging insgesamt stark zurück.



Verfasst von Georg Tengler und veröffentlicht im Buche "Leifers-vom Dorf bis zur Stadt" im Jahre 1998© by Raiffeisenkasse Leifers


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