Die Rottleute zu Leifers
und in der Au
Von besonderer Bedeutung war der Ländweg oder die Liefergasse vom Gutleben
zur Branzoller Länd. Die Bedeutung dieser Verbindung hing eng mit der Länd zusammen,
welche der wichtigste und der nördlichste Schiffsanlegeplatz der Etsch war. Von diesem
Hafen gingen die Schiffe und die Floße flußabwärts nach Italien, und hier
kamen die Schiffe an, die von Pferden auf dem Treidelweg flußaufwärts gezogen wurden.
Die Verbindung der Länd mit der Landstraße beim Gutleben war aus zweierlei Gründen
wichtig: einmal für den Verkehr, welcher zu Lande die Länd mit Bozen und umgekehrt
verband. Die vom Brenner, vom Reschen, von anderen Landesteilen und von Bozen selbst kommenden
Waren wurden von der Leiferer Rottfuhrgesellschaft von Bozen bis zur Länd befördert.
In Leifers konnten die Rottleute ihre Waren im Pallhaus (Thurner) lagern. Der alte Name des
Hofes ist Pallmann oder Pallhaus. Daher wissen wir, daß dieses Gebäude ursprünglich
als Ballhaus, also als Lager, Magazin oder Depot der Waren der Kaufleute diente; die Waren
wurden in Ballen verpackt und so von den Fuhrleuten, Flößern und Schiffern transportiert.
Solche Ballhäuser finden wir in Branzoll, Neumarkt oder Mühlbach im Pustertal. Da
die Leiferer Rottfuhrleute das Transportmonopol der Waren zwischen Bozen und der Etschlände
bei Leifers und Branzoll hatten, war ein solches Warenhaus unbedingt notwendig.
Die von Süden kommenden Kaufmannsgüter wurden von derselben Gesellschaft bis Bozen
transportiert.
Dieses letztere Recht wurde immer wieder von der Branzoller Rottftihr beansprucht. Dieses Recht
konnten sie laut Leiferer Rott mit dem Hinweis nicht mehr nachweisen, daß die Akten der
Branzoller Rott im Gemeindearchiv lagen, welches beim Franzoseneinfall 1797 geplündert
worden war. Die Branzoller Rott hatte eine eigene Behausung.
Zum anderen lag die Bedeutung dieses Weges im Reggelberger Holzhandel. Das nach Marx Sittich
von Wolkenstein sogar vom Karerwald kommende Holz wurde durch das Brantental bis auf die Reif
in Leifers geführt, dort niedergelegt, verkauft und von den sogenannten Reiftschanderern
bis zur Länd geführt. Diese Tschanderer bildeten eine Art Rott, weil sie ein Monopol
für den Holztransport zur Länd hatten. Die vier Tschanderer waren: der Pflegerbaumann,
der Stampfler, der Aichner, der Kirchmayr, meist Kalcher genannt. In einem Streit um die Pflicht
der Instandhaltung des Ländweges 1823 behaupten die vier Tschanderer, ihr ausschließliches
Recht gehe auf unvordenkliche Zeiten zurück; es bestehe darin, das verkaufte Holz mit
"fixer Tax" zur Länd zu führen. In einem den Aichnerhof betreffenden Vertrag
des Jahres 1541 heißt es dazu: "Der Hof führt Reifholz vom Hofgrund an die
Reif, das ist des Hofs Freiheit und Recht." Ihr Privileg, über deren Ursprung keine
näheren Angaben gefunden werden konnten, wurde immer wieder von anderen Bauern verletzt,
indem sie den offiziellen Tarif unterboten. Für die Instandhaltung des Ländweges,
welcher auch Liefergasse genannt wurde, mußten hauptsächlich die Rottleute aufkommen.
Diese beklagten sich häufig darüber, daß die Reif-Tschanderer den Weg allzusehr
abnutzten und verlangten, daß sie "die Bäume jederzeit mit zwei Protzen
Jahren sollten oder wenigstens einen Protzen der Gsteller gebrauchen, damit der Weg
geschont werde".
Wie zwischen Rottleuten und Reiftschanderern kam es auch zwischen Rott einerseits und der Nachbarschaft
von Seit und Kohlern andererseits zum Streit. 1603 wollte Lucas Römer zu Maretsch als
Inhaber des Steinmannhofes den Bauern der Nachbarschaft auf Seit und Kohlem die Lagerung und
Durchfahrt mit Holz verwehren. Im Streit sagte Balthasar Zobl, Paur unterm Perg, aus: Die
Seitner und Kollerer sind mit ihrem langen Reifholz über Seit herab auf den Steinmanngrund
und unverhindert durchgefahren, auch haben sie dort Holz ungehindert niedergelegt.
Bevor der Reisacker gemacht, sind sie über zwei Prüggelen über das
gemain Moos gefahren. Zu obrist und zu unterist des Reisackers wurde ein Prüggl
gemacht, die Seitner-Pruggen genannt. Die Seitner verboten den Rottleuten die Überfahrt
über die Pruggen, weil sie sie verderben. Das Holz wurde im Winter vom
Steinmann auf die Reif geführt (Vfb. B. 1603, fol. 218).
Das Recht der Leiferer Rottfuhrgesellschaft scheint nicht auf eine ausdrückliche landesfürstliche
Verleihung zurückzugehen, sondern eher einem ersessenen Recht vergleichbar zu sein.
Bereits 1376 sollen jedoch die Herzöge Leopold der Biedere und Albrecht III. die Rottfuhrgerechtigkeiten
verliehen haben, um den Transithandel zu begünstigen. Mit kaiserlichem Hofdekret vom 8.
März 1784 wurde die Rottfuhrverfassung als eine den Rottührern sowohl, als den
Handelsleuten angenehme und vorteilhafte Sache, jedoch ohne privative beizubehalten
gestattet und unter diesem Gesichtspunkte der Entwurf einer Rottfuhrordnung, jedoch
ohne Erteilung eines privilegii genehm gehalten, auch dem Begehren der Rottfuhrleute
darinnen beigestimmt, daß selben nicht zuzumuthen, Leute welche nicht mit 1500
fl sesshaft, künftig in die Rott aufzunehmen, hingegen bat sich die Befugnis,
in die Rott einzutreten nicht nur auf die in der Au und zu Leifers sesshaften,
sondern auch auf andere zwischen Bozen und Branzoll wohnhafte Fuhrleute,
sowie in selber zu verbleiben, auch auf jene minder Vermöglicbe zu erstrecken, welche
darin bereits befindlich sind. Die Salz- und Getreideführer haben, wenn sie der Rott nicht
eingeschrieben sind, keine natural Prestationen zur Erhaltung der Leiferer Strassen,
sondern blos die gewöhnlichen Brück- und Straßenzölle, so wie die Rottführer
selbst die städtische Bruck- und Pflastermaut zu Bozen, fortan zu entrichten und sich
im übrigen mit der Bezahlung im Current Münze zu begnügen.
Diese neue Rottordnung von 1784 verbirgt nicht die Tatsache, daß die Gesellschaft in
Wirklichkeit insofern gleichermaßen aufgehoben wurde, als daß ihr das Frachtmonopol,
welches sie bis dahin hatte, entzogen wurde.
"Erstens. Sollen durch die Gutfertiger alle jene bei dem
Hauptmautamte Bozen erliegende und alldort aufzulegen kommende Kaufmanns Güter,
so nacher Welschland und hinabwärts gehörig, einzig und allein denen
einverleibten Rottleuthen zu Leifers und in der Aue, jedoch ohne privativo und ohne
daß solche auf ein Privilegium anspruch zu machen haben, von Bozen bis an die
Lendstatt zu Branzoll zu verfuhren, gleichmäßig ohne einiche Partialität,
wie sie Rottleuth nach und nach anlangen, und sich anmelden, unaufhältlich aufgegeben,
und hierinnfahls von einem zum anderen gar kein Unterschied oder Ungleichheit, oder
einicher Vortheil gebrauchet, oder geübet werden.
Zweytens. Sollen hinfüro alle und jede Lägl, Stübich, Pallen, Gebäck
und Stuck der Kaufmannsgüter wie selbe immer gemacht und eingerichtet sind, unverschieden
und jedesmal bei der im dortigen Hauptmautamte sich nun befindenden Fronwaage durch die
hierzu verpflichteten Waagbeamten ordentlich und genau abgewogen und die ausführlichen
Waagzetteln hierauf gegeben, mithin auch, damit nicht weniger die Zollsbeamte,
was sie hievon einzulangen, als auch die Rottfuhrleuth, was sie zu führen haben,
eigentlich wissen mögen, auf jedem Stük absonderlich der Halt des Gewichts
fleisig und klar bis auf 10 Pfund, und zwar den Centen mit 0., der halbe Centen mit C, und
10 pfund mit x. alles wienisch gewicbt gemärket, für den Waag-Lohn dann
ab jeden Centen ein Kreutzer aufgleiche Entgelt, daß also der Gutfertiger hievon
einen halben Kreutzer und der Rottfuhrmann den anderen halben Kreutzer zu entgelten habe, bezahlet
werden.
Drittens. Ob
zwar nit wohl möglich eine ganz gleiche Zahl der Centner auf jeden Wagen jedes
mahl abzugeben, in deine das Gewicht der Stüke fast unterschiedlich, mithin die
Ladung sich nicht auf allen gleich machen lasset, so wird doch determinieret, daß
auf einem Wagen bis auf 24 Centner wieniscb Gewicbt, und nicht mehrere wohl aber weniger,
nach des Rottmannes Möglickeit, oder eigenem Belieben, abgeführet werden mögen.
Es say dann Sach, daß etwann zum Schluß der Ladung bey denen Gutfertiger
mehrer nicht als 18 Centner gut sich erfinden, solle der Rottmann selbe abzuführen,
dagegen da ein mehreres verhanden, der Gutfertiger es bis auf die 24 Centner unverweigerlich
aufzugeben, ebenmässig schuldig, und verbunden seye.
Zum Fahl aber, das Gut so gar die 18 Centner nicht erreichet, so bat es in des Rottmanns
Wahl zu stehen, solche ja, oder nicht abzuführen, es werde ihme ,dann der Lohn für
18 Centner völlig bezahlet.
Viertens. Solle die Ansag der Rott durch keine andern, als durch die verordnete
Platz Aufleger und zwar zu gebührender Zeit, ehe die Nacht herbey kommet, vollbracht
werden, auf daß die Rott-Leuth hiernach mit der Fuhr, und Nothturft sich gebührend
befaßt machen mögen, derowegen die Platzaufleger die Ansag der Rottwägen
zeitlich thun und solche nit später, als zu Winters Zeit um 11 Uhr vor-, und im Sommer
um 1 Uhr Nachmittag von Gutfertigern aufnehmen sollen.
Fünftens. Da die Ansagung der Rottwägen durch die Platz Aufleger
ordentlicb und zugebührender Zeit am Abend beschehen, so sollen die Fuhrleuth am
folgenden Tag darauf unabsäumig, und frühezeitig zu Botzen bey der Gutfertiger
Gewölm erscheinen, sich auch mit tauglichen Knechten, oder Persohnen versehen und
nicht gleich mit kraftlosen und leichtfertigen Buben zu der Gutfertiger höchsten
Gefahr die Fuhren verrichten lassen, jedoch zum Fahl sich wirklichen und in Wahrheit
befände, daß der Rottmann aus zugestandenen Schaden, oder Gottes Gewalt die ihme
antreffende Fuhr nicht verrichten könnte, solle er solches dem Ansager andeyten, dieser
als dann fürgeben, und dem nächsten Rottmann der Ordnung nach daran die Anzeige
machen, derselbe Rottmann auch die Fuhr unverweigerlich thun, damit die Gut-Versendung
keines wegs verhindert werde.
Sechstens. Da der Rottmann das Gut vorbeschriebenermassen iibernohmen, solle er dasselbe
in der Qualität und Beschaffenheit, als er es empfangen, ohne einichen
Schaden, oder Mangel, außerhalb Gottes Gewalt, noch am selben Tag an die Lendstatt zu
Branzoll liefern, mithin auch mit Abwerfung derStük ab den Wagen möglichste- Bescheidenheit,
und guten Fleiß gebrauchen; würde sich aber das Gut auf einiche Art beschädiget,
oder in einen, oder anderen durch seine des Rottmanns Schuld mangelhaft erfunden werden, so
hat das samentliche Rott-Corpus in was immer für einen solchen Vorfahl in solidum zu haften
und für alle Schäden in Red und Antwort zu stehen, damit sich aber der Rottfuhrmann
dieses Punktes zu beschweren nicht Ursach habe, würdet hiermit festgesetzt, daß
die Gutfertiger den Rottmann förderlich und morgens zeitlich abfertigen sollen, auf daß
jener annocb zeitlich beym Tage an die Branzolleriscbe Lendstatt gelangen möge. Gestalten
die Zolls Beamte zu Botzen nach 12 Uhr zu Mittag keinen beladnen Rottwagen mehr hinunter
gehen zulassen hiemit befehlet werden. Er begebete sich dann, daß ohne Verschuldung
sowohl des Gutfertigers als des Rottmanns etwo das Ungewitter oder eines anderen Unfahls halber
die Venveillung entspringete, so zur Erkänntniß und Direction unseres Kai. Königl.
Kreisamtes, oder der Zollsbeamten gestaltet wird. Es solle aber anbey der Rottmann,
da er wegen der spaten Abfahrt beym Tag an die Lendstatt zu gereichen sich nicht getrauete,
die Güter aufzulegen, und zu verfuhren die freye Wahl, und da er sie verführet
für aller Gefahr wie anvor gemeldet worden, sammentliches Rott-Corpus zu stehen
haben.
Siebentes. Gleichwie der Gutfertiger schuldig, den Rottmann vorbesagtermassen
zu beladen, und also auch der Rottmann mit seinem Wagen zu erscheinen, und die betreffende
Verführung bis an die Lendstatt zu Branzoll, richtig und zeitlich zu bewerken hat,
so wird zu diesem Ende weitere bestimmt, daß der Rottmann von Zeit der Abfuhr
aus Bozen innerhalb 5 Stunden bey der Lendstatt in Branzoll einzutreffen habe;
zu Erziehlung sothaner Absicht hat der dermahlen beständig in Botzen wohnende Agent der
Privilegierten Speditions-Compagnie einem jeden der Rottmänner auf den ohnehin denenselben
übergebenden Lieferungszetteln die eigentliche Stund der Abfarth zu bemerken, mithin der
Rottmann innerhalb 5 Stunden in Branzoll bey der Lendstatt solchergestalten einzutreffen, daß
wann (außer Gottes Gewalt) die Eintreffung innerhalb der bestimmten Zeit
nicht erfolgete, von jedem Wagen, als eine unnachsichtliche Strafe 30 x gehoben
und von dem Frachtlohn durch obgesagten Agenten einbehalten werden solle. Dieses Straf-Geld
hat sohin gedachter Agent behörig vorzumerken und quartaliter dem Rottmeister
gegen gebührender Erkanntlichkeit,für sothane Vormerkung auszuliefern. Zugleich
wird auch bestimmt, daß die Rottleuth, nach dem Tags vorhero durch die Platz Aufleger
wie vor § 4" angemerket, die Ansagung beschehe, den folgenden Tag sowohl im
Winter, als im Sommer gleich bey Anbruch des Tages und wo man leichtlich ohne Liecht
sowohl schreiben , als die Zeichnung der Kaufmanns Güter unterscheiden kann,
sich vor dem Gewölbe der Gutfertiger zu stellen haben. Auf daß aber die aufladende
Kaufmanns Güter von Benäzungsgefahr so im Winter, als im Sommer verschonet bleiben,
hat jedes mahl der Rottmann die ihme anvertrauende Waaren mit genugsamen Storen zu bedecken,
und solche dergestalten sich anzuschaffen, daß keiner ohne erforderlicheiz Storen zu
erscheinen befugt seyn solle, weil man nicht vorsehen kann, obe nicht etwo währender
Abfahrts Zeit ein allfälliges Schneewetter im Winter, oder ein Platz Regen im
Sommer sich ergeben könne; sollte aber doch ein Rottmann ohne Storen vor dem
Gewölb der Gutfertiger erscheinen, so haben diese die Storen ihme zu geben,
den Betrag hievon aber von dem Lieferlohn ohne anders abzuziehen , welches sich
auch in jenem Fahl verstehet, wenn die von denen Rottleuthen mitbringende Storen,
oder zum Theil zerrissen, oder so geartet wären, daß der Benäzungsgefahr nicht
hinreichend gesteuret würde.
Achtens. wird erkennet und stabiliert, daß der Gutfertiger- dem Rottmann
für jeden Centen 91/2 x idest Nein ein halben Kreutzer in jenen Geldcours, wie
Gutfertiger den Frachtlohn von denen Speditoren zu Botzen beziehen, sodann einen halben Kreutzer
dem Waagmeister wie in 2.111 §, anvor eingeführet, anstatt des Rottmanns
jedes mahl bar und unaufhältlich bezahlen solle; dieser Frachtlohn hat sich auch in jenem
Fahl zu verstehen, wenn wegen ein, so anderen Unfabl die Waaren Lieferung auch unter der
gewöhnlichen Lendstatt zu bescheren hätte. Anbey wird auch weitere erkläret,
daß gleichwie bey anderen Rottstädt gebräuchig, also auch allda von
jenen, was unter 20Pfund, keine Fuhrlohn geforderet, die 20 und 40Pfund exclusive
aber gleichwohl für 1/4 Centen und die 40 bis 60 Pfund dann für 1/2 Centen
gerechnet werden solle.
Neuntens. Alldieweilen von alters hero gebräuchig, auch in der anvor vorgeschriebenen
Rott-Ordnung ersichtlich, daß die Zolls Beamten von jedem Wagen 2 x, einzulangen,
und hievon die bestimmte zween Plaz Aufleger und zwar jeden jährlich mit fl. 8
zu belohnen haben, damit sie denen Rottleuth die Verführung der Gütter ansagen
sollen, als würdet es nun auch bey diesen ganz ungeändert gelassen.
Zehendens. So hat auch der Zolls Beamte von jedem anderen (ausser der Rott) hinabgehenden
schwer beladenen Wägen in Folge der Verfügung der k. k. Wege Bau Direction
in Tyrol de dato 15. feb. 1782, 2 x einzunehmen, hievon gegen quartaliger Berechnung 15
pro cento für sich selbs zu behalten, der Überling hingegen denen Rottleuthen
zu Handen des Rottmeisters zu verrechnen, welcher Überling, was er jährlich ertraget,
anders wohin nicht, als bloß zu Verbesserung der Liefer-Gassen, so ohnehin die
Rottleuthe in guten baulichen Würden zu erhalten schuldig, angewendet werden
solle.
Eilftens. Ist bereits vorhero determiniert worden, daß jeder Rottmann
von seinem Rotthof zu Erhaltung erstgedachter Liefergassen, die gleich außerdem
Wälschen Würth oder Reinmann Hof zu Leifers sich anfanget und bis zum Lendhaus erstrecket,
jährlich 10 Fuder Stein einzufahren, beynebens auch die gesamte Rottleuth die Gräben
zu sauberen, solche in Würden zu erhalten und die Ausbesserungen von denen fallenden
Kreutzer, wie in 10 § gemeldet worden, zu thun schuIdig, solchem nach auch füro hin
hierauf fest gehalten und erwehnte Anzahl der Steinfuhren zur Zeit, als unser k.k. Kreißamt,
oder die Zollsbeamten oder auch der Rottmeister die Verordnung und Anstalt thun werden,
von jedem unvermeidentlich verrichtet, auch all anderes, wie obstehet, hiebey vollbracht, absonderlich
aber von denen Zollsbeamten auf die Liefergassen fleisige Absicht gehalten und die anbey
befindliche Mängel unserm Kreisamt an der Etsch angezeiget werden, dieses dann
gebührende Wendung vorzunehmen auch den ermangelnden Theil abzutstrafen Macht habe und
die Straf dem Aerario verrechnen lassen.
Zwelftens. Solle des Rottmeister Amts keiner von denen Rott-Interessenten
sich zu entschütten befugt, und dieses also der Ordnung nach in der Rolle zween
Jahr ein jeder zu tragen gehalten seyn, mit deme jedoch, daß wenn einer diesem vorzustehen
sich ausser Stunde sehete, diesem gleichwohl an seiner Stelle und auf eigenem
Entgelt einen anderen, jedoch der Rottinteressentschaft anständigen für welchen er
aber in allen Fählen der ganzen Rott zu stehen und Red und Antwort zugeben gehalten
ist, unterzustellen frey stehen solle. Dieser Rottmeister sohin ist jederzeit unserm K.K.
Kreisamt anstatt unseres 0/Ö Gubernii zu Erstattung des Hand gelibds namhaft zu machen
und fürzustellen, wie auch die Rottmeister Rechnung in Gegenwart des ermelten
Kreisamtes und eines Zolls Beamten jedes mahl von dem austrettenden zu beschlüssen.
Belangend aber die Aufleger (welche bei einem Ehrsamen Stadt Rath der Stadt Botzen aufgenohmen)
sind solche der alten observanz gemäß von den Rott-Leuthen zu erwählen
und gleichfahls dem K.K. Kreisamt zu Erstattung des Handgelibds fürzustellen.
Dreyzehendens. Belangend die Gut-, oder Platzaufleger, solle der Rottmeister seine
Absicht haben, daß diese ihren Dienst emsig verrichten, daß die Gutfertiger
mit Ladung der Rottwägen ganz keine Ungleichheit gebrauchen, oder einen für den anderen
halten, vorzüglich aber zu Markts Zeiten durch Beförderung der Inn-
und ausländiscben Fuhrwägen denen Rott-Leuthen nicht hinterlich seyn, sondern da
diese ein, und andere zugleich nicht beförderen mögen, sich mit tauglichen
Hilfknecbten versehen und keinerseits hinterlich, wie zugleich mit Ansagung der Rottwägen
(nachdeme sie von den Gutfertigern zu gebührender und in 4 § bestimmter
Zeit begehret worden) gar nicht absaumig seyn, da sie aber deme allen und ihrer habenden
Pflicht nicht nachleben, so sollen sie von unserm Kreisamt hierumen abgestraft, auch
nach gestaltsame der Mißhandlung so gar des Dienstes entsetzet werden. Zu ihren Lohn
dann haben sie für jeder Beladung eines Rottwagens 4 x und wehrenden Markts
Zeit gleichwohlen die 5 x fürohin einzulangen.
Vierzehends. und schließlichen werden sowohl die Gutfertiger, als auch die
Rottleuthe und respective der Rottmeister erinnert, alle vorstehende Punkten in genauer Erfüllung
zu bringen um weder dem Comercio oder jemand anderem zu billichen Klagen den Anlaß zu
geben.
Bezeichnend für den wirtschaftlichen Niedergang des Durchganghandelsverkehrs ist die Stellungnahme des Merkantilmagistrates zur Rottordnung 1784; "Es habe seine Richtigkeit, daß das Transito Commercium in vergangenen Zeiten viel ausgiebiger als dermahlen gewesen seye", trotzdem müßten die Rottleute das zu Beförderung der Waaren-Fuhren nötige Zzigvieb halten.
Die Rottfuhrleute spannten vor ihre Wägen in der Regel Pferde, welche
stärker und schneller sind als Ochsen. 1482 faßte diesbezüglich der Landtag
einen Beschluß zum Rottwesen: Anstelle der vor Jahren eingeführten Roßwagen
sollten wegen Teuerung des Futters wieder Ochsenwagen benutzt werden .
Die Rottfuhrgesellschaft umfaßte 32 Mitglieder aus den Vierteln Au und den beiden Vierteln
Leifers, das heißt, daß die Höfe von Seit und Breitenberg an der Rottfuhr
nicht beteiligt waren. Die Gesellschaft wurde durch den Rottmeister vertreten.
Der Platzaufleger in Bozen hatte denjenigen Rottmann, der gerade an die Reihe kam, anzusagen,
das heißt, zu verständigen.
Bei der Steuerbemessung für die einzelnen Höfe waren jene, welche die Rottfuhrgerechtigkeit
innehatten, wegen der daraus abfallenden Emolumente höher besteuert als jene Höfe
gleicher Größe und Kultur, welche kein solches Recht hatten.
Einen besonderen Konfliktpunkt bildete die Instandhaltung der Liefergasse ober des Ländweges.
Dazu heißt es in der genannten Stellungnahme des Merkantilmagistrates zur neuen Rottordnung:Die
sogenannte Liefergasse ist ein Fahrweg, so von der gemeinen Landstraße abweicht, bei
dem so betitelten Wälschen Wirt zu Leyfers seinen Anfang nimmt und der Länd
zu Branzoll schnur gerad zugebet.
Die Einhaltung dieser Straße ist der Rottinteressentschaft von unerdenklichen Jahren
her jederzeit um so mehr abgelegen gewesen, weil diese von niemand anderen, als von denen
Rott Interessenten mittels der Länd zuführenden Kaufmannsgütern gebrauchet worden;
die Rottinteressenten haben mit ergiebigem Aufwand und mit viel Hundert zu Winterszeit
in mehr Jahren getanen Steinfuhren, auch verschiedenen in benötigten Orten angebrachten
Brückeln diese Gasse in sehr guten Stand gesetzt, sie erhalten solche auch
noch immer, allein seit etwelchen Jahren gebrauchet sich dieses Wegs hauptsächlich
die Salz Niederlag zu Leyfers die ihre Wägen mit 60- gegen 70 Centen belastet,
und doch zur Erhaltung dieser Gasse nichts beitraget. Wenn man annimmt, daß die
Herstellung dieser Gasse der Rottinteressentschaft einen ungemeinen Aufwand verursacht, wenn
diese mehr nicht als 24 Centen auf ihre Wägen in Folge der bestehenden Rottordnung
aufzuladen befugt ist, so laufet es ja wider alle Billigkeit, daß die Salzfuhren
an der Einhaltung dieser Liefergasse und zwar zu jener Zeit nichts beitragen solle ,
wo selbe mit ihren 60- gegen 70 Centen enthaltenden Wägen die Gasse um ein namhaftes
mehr als die gesamte Rott Interessentschaft abnützet und zu Grund richtet.
Salz gehörte demnach offenbar nicht zu den Waren, die nur von der Rottfuhr befördert
werden durften; 1566 hat Melchior Zieglauer, Burger, für Trienter Händler Salz in
Fässern von Bozen an die Branzoller Länd geführt. 1580 erfahren wir von einem
Liefervertrag des Pächters am Pallmannhof Bartlme Schmidman, auf zwei Jahre die Salzfuhren
von der Muster in Bozen an die Branzoller Länd zu übernehmen. Das Salz wurde in Fässern
transportiert; es kam wohl aus den Salinen bei Hall und Hallein. Den Liefervertrag hat Schmidmann
mit einem Trienter Händler abgeschlossen. 1797 wird Sebastian Hilpold, Salzmagazineur
zu Leifers, genannt. Dieses Salzmagazin war vermutlich im Pallmann untergebracht.
1579 wird erwähnt, wie derselbe Zieglauer Weizen in Fässern vorn Kornplatz in Bozen
an die Branzoller Länd geführt hat.
1587 hat Niclas Kuepacher, Mesner in St. Jakob, für den Kilianhof in der Au Rottftihrdierrste
verrichtet. Er transportierte für den Flößer Suan Maria Abraham aus Sacco Leinwand
von Bozen zur Branzoller Länd. Da die Stibich und Lagler (Faßbezeichnungen)
nicht verschlossen waren, hat der Fuhrmann einige Stück Leinwand verloren, so daß
er vom Flößer auf Schadenersatz geklagt wurde.
Zu solchen Konflikten zwischen Fuhr- und Kaufleuten kam es immer wieder: 1601 übernahm
Hans Twinger für den Gutfertiger Hans Fedrigat ausm Sack unter Rofreid (Sacco bei Rovereto)
Ballen von Bozen nach Branzoll zu antworten. Er übernachtete beim Seizen, wo fünf
Stuck Cariseer Tuech verloren gingen.
Die Instandhaltung des Ländweges oblag aber nicht ausschließlich der Rottfuhr.
Sie konnte
zwar das an der Eisackbrücke eingenommene Brückengeld von 2 kr je Zentner Ware verwenden,
die Kompagnie von Sacco gab Brückenholz, die Höfe in Oberpfatten gaben 25 fl im Jahr.
Nachdem aber das Frachtprivileg der Rott unter dem Regno d'Italia 1812 aufgehoben wurde, hat
dieselbe sich von der Pflicht der Instandhaltung des Weges entledigt gefühlt.
Wieder unter österreichischer Verwaltung hat vorerst das Ärar den Ländweg instand
gehalten. 1817 kam es zu einem Vergleich zwischen der Rottfuhr und den Reiftschanderern, nach
welchem erstere etwa 2/3 und letztere etwa 1/3 der Steinfuhren für die Instandhaltung
des Weges machen sollten.
Diesem Vergleich stimmten
sie bloß unter der Bedingung zu, daß ihnen von Seite der allerhöchsten
Regierung das ausschließliche Recht gemäß älteren Brifilegium
zugesichert werde, daß alle, welch immer Namen habenden Waaren und Salz, welche
von und zur Länd geführt werden, blos von dieser Gesellschaft verfahren werden
dürfen und zwar für den vorher üblichen Preis von 10u.1/2 kr franco je
Zentner aus welchem Recht bloß die Verbindlichkeit der Unterhaltung dieses Weges
entspringet.
Aus gleicher Ursache fordern die vier Reiftschanderer die Unterstützung, daß ihnen
in ihrer Fuhrengerechtsame kein anderer Eingriffgemacht werde.
Zu einer formellen Bestätigung eines Privilegiums kam es aber nicht. 1819 hat das Kreisamt
Bozen von der weiteren Übernahme der Instandhaltung durch das Ärar abgeraten. Trotzdem
kam das Ärar, als Eigentümer der Branzoller Dogana, noch bis 1840 für die Instandhaltung
dieser Zufahrt auf. Der Weg kam aber immer mehr herab. 1840 erhoben die Spediteure formellen
Protest.Das Kreisamt erließ in der Angelegenheit den Spruch, daß folgende Konkurrenz
für die Instandhaltung zuständig ist:
a) die Gemeinde Pfatten mit zehn Höfen in Oberpfatten;
b) die Gemeinde-Interessenten von Leifers;
c) die Rottfuhr-Interessenten;
d) die Holzreifbesitzer;
e) die Reiftschanderer.
Gegen diese Aufteilung legten die Pfattener sofort Einspruch ein und sagten: wenn sie
von Pfatten über Leifers nach Bozen fahren so müssen sie an der Wegmautstätte
zu Loretto die Wegmauth,für die ganze Strecke von Neumarkt bis Bozen zahlen und
seien dadurch ohnehin schon benachteiligt.
Tatsache ist, daß die große Zeit dieses Weges damals endgültig vorbei war.
Am 8. Juni 1841stellte der Kreisingenieur fest, daß der Ländweg trotz niedrigen
Etschwassers bis zwei Schuh tiefunter Wasser war. Die Ursache sah er darin, daß die
Leiferer und Unterauer Leeg das alte
Schablauer Etschbett gänzlich abgesperrt hat und nun alles im selben sich sämelnde
Wasser, anstatt den Abfluß wie früher von selber in die Etscb zu nehmen, durch Eröffnung
eines Grabens in den Abzugskanal von Leifers-Branzoll-Auer geleitet wird, welcher soviel Wasser
nicht schluckenkann.
1841 schrieb das k. k. Gubernium zu Innsbruck diese Straße hat dermalen keineswegs
eine
bedeutende kommerzielle Wichtigkeit und die Schiffahrt von Branzoll aus ist nicht
von
wesentlicem Belange.
Noch 1804 heißt es hingegen in einem Vergleich zwischen Rottfuhr, Kreishauptmann, dem
Merkantilmagistrat Bozen und den Speditoren von Sacco, daß auf dem Ländweg mehr
Verkehr sei als auf der Landstraße nach Branzoll.
Verfasst von Georg Tengler und veröffentlicht im Buche "Leifers-vom Dorf bis zur Stadt" im Jahre 1998© by Raiffeisenkasse Leifers