Die Schule
Lesen und Schreiben konnten bis
zum 18. jh. nur die wenigsten. Trotzdem sind vereinzelte Fälle von Schülern bekannt,
welche von Leifers aus die Schule in Bozen besuchten: Die Tochter des Jörg Hilber in der
Au besuchte 1536 den deutschen Schuelhalter in Bozen, Gregori Kollinger; 1582 verfügte
Adam Stärkl am Seizen in seinem Testament, seine Frau solle das Knäbl in die
Schule schicken und Schreiben lernen lassen. Hans Taller am Preglhof verfügte 1583 in
seinem Testament, der achtjährige Sohn solle in die Schule gehen und Lesen und Schreiben
lernen; dies waren aber Ausnahmen.
Die allgemeine Schulpflicht wurde in Tirol bereits
unter Erzherzog Ferdinand 11. (1619 bis 1637) eingeführt; so haben wir von der Schule
in Leifers schon 1686 Zeugnis. Es wird damals Johannes Kannauer, Schuelmaister und Meßner
zuLeifers, genannt (Vfb, B. 1684, fol. 167). In der Spesenaufstellung für das Begräbnis
des Sebastian Teis, Burger, 1702 finden wir eine Position "Denen Musikanten und Schulknaben".
Seit der Zeit Kaiserin Maria Theresias können wir die Schule in Leifers kontinuierlich
verfolgen. In ihrer Allgemeinen Schulordnung für die deutschenNormal-, Haupt- und Trivialschulen
in sämtlichen kaiserl. königl. Erbländern d. d. Wien den6. Dezember 1774
war als unterste Klasse der Schulen die sog. Trivialschulevorgesehen, welche auch in
den kleineren Orten, in denen Pfarr-oder Filialkirchen bestanden, errichtet werden sollte.
Eine solche Trivialschule oder gemeine deutsche Schule bestand auch in Leifers. Die Lehrgegenstände
dieser Schule waren: Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen, Anleitung zur Rechtschaffenheit
und zur Wirtschaft.
Auf dem Lande sollte die "Winterschule«
vom 1. Dezember bis Ende Mai dauern; in der Winterschule« sollten die Kinder im Alter
von neun bis 13 Jahren unterrichtet werden. Die "Sommerschule" dauerte vom Montag
nach dem ersten Sonntag nach Ostern bis Michaeli (29. September); diese war für Kinder
von sechs bis acht Jahren bestimmt. Die Schulstunden dauerten im Winter von acht bis elf Uhr,
im Sommer von sieben bis zehn Uhr, am Nachmittag im Sommer und Winter von 14 bis 16 Uhr.
Bezüglich der Besetzung der Lehrerstelle in
Leifers wurde bestimmt, daß diese abwechselnd dem Adel und der Gemeinde Leifers zustand.
Die älteste Abbildung des Schulgebäudes finden wir auf dem großen Ölbild
über die Übertragung des Gnadenbildes von Weißenstein vom Jahre 1791. Wahrscheinlich
ist dieses Haus als Mesner- und Schulhaus erbaut worden. Auf dem genannten Bild gehen 20 Schüler
und 20 Schülerinnen in geschlossenen Reihen.
Das genannte Mesnerhaus war 1787 umgebaut worden:
Es wurde eine neue Schulstube sowie eine neue Küche für den Lehrer hergerichtet.
Bezüglich der Schülerzahl geben die Protokolle der Schulinspektionen Aufschluß:
Im Schuljahr 1819/1820 gab es in Leifers 51 Schüler. Schon im darauffolgenden Schuljahr
1820/1821 waren es in Leifers 71 Schüler. Diese sprunghaft ansteigende Schülerzahl
dürfte auf die nach langen Kriegs- und Krisenjahren wieder ansteigenden Geburtenzahlen
zurückzuführen sein. 1827: in Leifers 62 Kinder. 1833 besuchten in Leifers 87 Kinder
die Schule. 1838 in Leifers 83 Kinder. Die alte Schulstube war inzwischen zu klein geworden.
So mußte 1823 das Schulhaus wiederum erweitert werden, man wollte auch eine angemessene
Schullehrerwohnung herrichten. Deshalb baute man auf dem talseitigen Zubau ein zweites Stockwerk
darauf. In diesem neuen Raum fand nun das Gemeinderatszimmer Platz, welches vorher zu ebener
Erde untergebracht war. Den Umbau besorgte der Bauunternehmer Giacomo Da Pra. Da damals zwischen
70 und 80 Schüler unterzubringen waren, mußte auch zu ebener Erde ein alter Stall
für die Schulvergrößerung verwendet werden.
Zehn Jahre später überlegte der Gemeindevorstand,
dem Chirurgen, der Hebamme und dem Gemeindediener eine Wohnung zur Verfügung zu stellen;
dazu wollte er das alte Schulhaus umbauen.
Um 1840 erhielt Leifers ein neues Schul- und Gemeindehaus,
und zwar gegenüber dem Widum. Auf Betreiben des Kuraten errichtete die Gemeinde 1847 im
Schulhof einen Brunnen, damit sich die durstigen "Kinder" laben konnten. 1845 waren
es 92 Kinder. Es wurde damals erstmals um einen Schullehrergehilfen angesucht. Ein solcher
wurde dann auch eingestellt, wie auch eine Lehrerin für die Mädchenklasse. 1852 zählte
Leifers 181 Kinder. Die Schülerzahl hat sich also in Leifers in etwa 30 Jahren fast vervierfacht,
während sie im Viertel St. Jakob weniger stark zugenommen hat und in Seit beinahe gleichgeblieben
ist. In Leifers zählte man 1844 69 Häuser.
Die Stelle des Lehrers war ursprünglich mit
jener des Mesners und bis ins vorige Jahrhundert mit jener des Organisten verbunden. Vom Jahre
1793 ist im Staatsarchiv Bozen ein Protokoll über die Separierung des Schullehrerdienstes
vom Meßner- und Organistendienst erhalten. Als erster Lehrer ist 1786 Ludwig Gamper
bezeugt. 1789 Georg Obwurzer, Bartlmä Pichler, 1808-1812 Johann Haller, seit 1812 Josef
Pichler, geb. 1790 in Aldein, gest. 1819; ihm folgte seine Frau Anna Pichler, geb. Weizgruber,
dann die Tochter, ebenfalls Anna Pichler, Josef Pichler, gest. 1835; dann Franz Karl Pichler,
geb. 26. September 1830, Sohn des Josef Pichler, Margareth Elsler, gest. 1849, Josef Nöckler
1852, Hilfslehrer war Franz Pichler. Im Jahre 1867 kam Friedolin Jörg aus St.Valentin
auf der Haide als Lehrer nach Leifers. Er wirkte hier als Organist und Chorleiter; sein besonderes
Verdienst lag bei seinem Einsatz für die Musikkapelle. Er war einer ihrer Mitbegründer
und leitete sie 35 Jahre lang. Er trat 1901 in den Ruhestand und verstarb in Leifers 1905.Im
letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts war das Geschehen der Schule vor allem von den Auseinandersetzungen
zwischen den Volksgruppen gekennzeichnet. Die starke italienische Zuwanderung hatte nämlich
zu Spannungen geführt.
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wurden auf deutscher
Seite vielerorts Ortsgruppen des deutschen Schulvereins gegründet. Durch diesen wurde
1887 der deutsche Kindergarten in Leifers erbaut. Der Bote von Tirol und Vorarlberg berichtete
am 22. September 1887:
»Hier fand gestern die Einweihung des vom deutschen Schulverein hier erbauten
und eingerichteten Kindergartens statt. Die Geistlichkeit nebst den Festgästen zog unter
dem Vorantritt der Musikkapelle zum festlich decorierten Kindergarten, wo nach der Eröffnungsrede
des Gemeindevorstehers Herrn Cäsar Kurzel die kirchliche Einsegnung vorgenommen wurde.
Hierauf hielt der Herr Kurat ebenfalls eine Ansprache, wonach den kleinen Zöglingen im
Kindergarten eine Jause verabreicht wurde. Sodann versammelten sich die Festgäste im Postgasthause
zu einer geselligen Unterhaltung, wobei das erste Hoch auf seine Majestät den Kaiser,
der zweite Tusch auf den deutschen Schulverein als Erbauer und Erhalter des Kindergartens ausgebracht
wurde.
Weitere Gruppen des Deutschen Schulvereines wurden
1909 in Oberau und St. Jakob gegründet. Der Kindergarten in St. Jakob wurde ebenfalls
auf Kosten des Deutschen Schulvereines unterhalten. Im selben Zusammenhang ist auch die Gründung
des Tiroler Volksbundes 1905 in Leifers und Pfatten zu sehen.
Auf italienischer Seite ist eine nicht minder rege
Aktivität zu verzeichnen. Schon 1883 wurde vom Innenministerium die Gründung von
Ortsgruppen des italienischen Vereines Pro Patria in mehreren Ortschaften, so auch in Leifers,
genehmigt. Aus diesem Verein entstand 1890 die Lega nazionale. 1906 sammelte die Lega nazionale
Geld für die italienische Schule in Leifers. Der Streit um die deutsche und um die italienische
Schule wurde auch durch den Ersten Weltkrieg nicht unterbrochen.
Um 1900 gab es zwei Klassen für die Knaben und
zwei Klassen für die Mädchen, welch letzteren die Tertiarschwestern von Bozen den
Unterricht erteilten.
Der Kindergarten hatte hingegen weltliche Lehrerinnen.
Noch vor dem Ersten Weltkrieg, um 1912, erhielt Leifers auch ein neues und größeres
Schulhaus (Bp. 239) an der Weißensteiner Straße gegenüber dem Kindergarten,
welches bis in die siebziger Jahre seinen Dienst tat. Dann wurde hinter dem Pfarrheim ein neues
und größeres Schulhaus erbaut. Einige Jahre später kam angrenzend die Mittelschule
dazu.
Wie in den anderen Orten des Landes wurde auch in
Leifers die deutsche Schule 1923 verboten. Selbst die Grabinschriften durften nur mehr italienisch
lauten. 1922 gab der Schulleiter Borghese Anweisung, daß bei den Prozessionen ausschließlich
Italienisch gesprochen werden sollte. Allenthalben entstanden sogenannte Geheimschulen oder
Katakombenschulen. Da in Leifers schon seit dem vorigen Jahrhundert die Tertiarschwestern aus
Bozen den Mädchenunterricht besorgten, so blieben sie dieser Aufgabe auch in der schweren
Zeit unter der faschistischen Zwangsherrschaft treu. Besonders hervor tat sich hier Sr. Beatrix
Grohmann.
Am 13. Oktober 1923 wurde der neue italienische Kindergarten
beim Fuchser eingeweiht. Nach dem Bau des neuen heutigen Rathauses 1930 wurde das alte Gemeindehaus
1931 zur italienischen Volksschule umgebaut. Um 1970 entstand hinter dem Pfarrheim (1951) ein
neues italienisches Volksschulgebäude, um 1980 ein neues Mittelschulgebäude, welches
seit dem Bau des neuen Schulzentrums nach den Plänen des Arch. Klaus Kompatscher Anfang
der Achtziger Jahre als deutsche Volksschule dient.
Um 1977 entstand der neue deutsche Kindergarten hinter
dem Widum.
Die Schule in Seit
Bereits 1816/17 ist eine Schule für Seit
mit 22 Schülern bezeugt. Damals fand der Unterricht noch abwechselnd in den Stuben der
Höfe statt. Das Schulhaus ist 1822 neu erbaut worden (Näheres dazu im Abschnitt über
die Kirche in Seit). Die Mittel dafür hat der Bozner Benefiziat Johann Kugstatscher aufgebracht,
nämlich aus eigener Tasche, gesammelte Spenden und einen Vorschuß von 350 Gulden
der Gemeinde Leifers. Als erster Lehrer ist Ulrich Erschbaumer nachgewiesen.
Im Schuljahr 1820/21 waren es 24 Schüler. Bei
der Visitation 1827 war Benefiziat Kugstatscher zusammen mit dem Schulaufseher Alois Plank
und dem Lehrer Ulrich Erschbaumer anwesend; es wurden 32 Kinder gezählt. 1832/33 ist Johann
Pfösl Lehrer für 21 Kinder. Der Katechet Joseph Thaler aus Bozen erteilte den Religionsunterricht
und Johann Rainer, Tschuffenerl, war Schulaufseher. Bei der Schulvisitation jenes Jahres wurde
das Schulhaus neben der Kirche für in Ordnung befunden. 1838 erzog der Lehrer Joseph Pfösl,
geb. 1809, 29 Kinder, 1845 15 und 185 9 18 Kinder. Lehrer in Seit war Josef Gamper.
In Seit wurden damals 22 Häuser gezählt. Den Schullehrerdienst besorgte in Seit der
Expositus, so ist z. B. 1867/68 Sebastian Schwabl Seelsorger und Lehrer. Er hatte 18 Kinder
zu erziehen.
Erst zu Beginn unseres Jahrhunderts wurde in Seit
ein neues Schulhaus gebaut, welches bis um 1985 diente; damals hat die Gemeinde Leifers dieses
kleine Haus neben dem Widum abgebrochen und dafür das Widum umgebaut, ebenerdig die Schule
untergebracht und im Obergeschoß die Wohnung für den Kuraten.
Die Schule in St. Jakob
Die Schule von St. Jakob ist 1804 errichtet worden.
Die Schule war im Mesnerhaus untergebracht, zu welchem ein Grundstück gehörte, welches
vom Lehrer und Mesner bearbeitet werden sollte. Das Haus samt Grundstück gehörte
der Kirche. Der erste Lehrer war der Mesner Johann Kessler.
Für das Schuljahr 1816/17 sind in der Trivialschule
von St. Jakob 29 Schüler eingeschrieben." Die Kirche klagte 1825. »Solange die Schule in St. Jakob besteht, sind bloß die letzten zwei Jahre
der Mesnerdienst mit dem Lehrerdienst vereint gewesen, zum großen Schaden der Kirche,
weil der Lehrer die Bearbeitung des Grundes in Beständnis (Pacht) läßt und
selbe veröden.« Lehrer war Franz Covi, Pächter des Grundes war Johann Gamper.
"Der Widum hält zwei Kühe, zuwenig um den Weingarten mit Mist zu versehen; man
müßte noch eine Wiese kaufen, der Grund wäre jetzt billig, um mehr Vieh halten
zu können.« Der Vorgänger von Covi war Ignaz Haller. 1827 unterrichtete der
Lehrer Paul Röll, geb. 1801, 26 Kinder. Auf Betreiben des Benefiziaten Kugstatscher wurde
damals das Mesnerhaus und Schulzimmer renoviert. Bei der Schulvisitation am 10. April 1832
zählte man 20 Kinder. Es heißt dort weiters: Das Schulhaus und Schulzimmer wird
von der wohlstehenden Kirche vortrefflich eingehalten; auch der Lehrer, welcher zugleich auch
Mesner ist, bezieht nur von der Kirche sein Gehalt. 1833 unterrichtete Paul Röll 19 Kinder;
den Religionsunterricht besorgte der Katechet Joseph Thaler, Ortsschulaufseher war Johann Kugstatscher.
Bei der Schulvisitation stellte man fest, daß die meisten Kinder italienischer Muttersprache
waren; der Unterricht wurde in Deutsch erteilt. 1838 besuchten 26 Kinder die Schule. Bei der
Schulvisitation 1868 findet sich eine interessante Eintragung: "In St. Jakob braucht der
Lehrer nicht Organist zu sein, weil es dort gar keine Orgel gibt." Die Gemeinde Leifers
klagte: »In St.Jakob sind die Leute, meist Wälsche, so arm, daß keine Sommerschule
möglich ist, im Sommer müssen die Kinder arbeiten oder betteln.1872 dachte man an
einen Neubau des Schulhauses in St. Jakob. Bis dahin war die Schule im Mesnerhaus untergebracht.
im genannten Jahre besuchten 61 Kinder die dortige Schule, und zwar 43 aus St. Jakob, 16 aus
Zwölfmalgreien und zwei vom Stallerhof. Die Vertreter von St. Jakob argumentierten, daß
die Schule für die Kinder aus den Höfen von Zwölfmalgreien
zu weit entfernt sei, man solle deshalb ein neues Schulhaus an der Reichsstraße bauen.
Die Gemeinde Leifers wollte von einem Neubau nichts wissen, vielmehr sollten wie die Kinder
vom Breitenberg auch jene von St. Jakob nach Leifers zur Schule gehen. Allenfalls war man bereit,
einen Raum im Haus "Chilodi" im Zentrum von St.Jakob zu mieten. Die Verhandlungen
gingen weiter, und 1873 zeigte sich die Gemeinde Leifers bereit, ein neues Schulhaus in St.
Jakob zu bauen, falls sich die Gemeinde Zwölfmalgreien an den Kosten beteiligen wurde.
Ein geeignetes Grundstück konnte neben der Reichsstraße beim Grafen Emanuel von
Thun ausfindig gemacht werden. Dieser verkaufte der Gemeinde Leifers 1879 ein 307 Quadratklafter
(ca. 1100 m2)großes Grundstück zur Erbauung der neuen Schule. Das Bezirksbauamt
schrieb 1874 zum Plan für den Neubau: »Das Schulzimmer muß für 80 Kinder
geeignet sein, deshalb 27x21 Fuß groß sein. Der Plan stammte vom Architekten Ludwig
Scrinzi.
Verfasst von Georg Tengler und veröffentlicht im Buche "Leifers-vom Dorf bis zur Stadt" im Jahre 1998© by Raiffeisenkasse Leifers