Das Steuerwesen
Obwohl das Recht, Steuern einzutreiben, bei uns in der Hand des Gerichtsherren,
also des Landesfürsten lag, dürfen wir deshalb noch nicht annehmen, daß dieses
Recht ein Zubehör der Gerichtsbarkeit war. Der Landes Fürst konnte nämlich die
Gerichtsbarkeit zu Pfand oder Pacht vergeben, ohne daß dadurch die Steuern berührt
wurden."
Das Recht des Landesfürsten, Recht zu sprechen, hatte demnach wohl andere
Wurzeln als jenes, Steuern einzuheben. Über letzteres ist in der Forschung viel disputiert
worden, die vorherrschende Meinung ist jene, daß die Steuern als Äquivalent für
die dem Fürsten zu leistende Heerfahrtspflicht entstanden sind."
Im Landgericht Gries und Bozen werden die Steuern als jährliche feste Einnahme
des Gerichtsherrn seit Meinhard II greifbar. In den Rechnungsbüchern des Land Richters
von Gries werden nämlich seit 1289 die Steuern in der Höhe zwischen 50 und 100 Mark
jährlich eingenommen. Seit 1311 werden jährlich 71 Mark verrechnet. 14 Zum Vergleich:
Das Gericht Enn zahlte jährlich 40 Mark. (Zur Kaufkraft dieses Geldbetrages: Ein Rind
kostete eine halbe Mark, der Monatssold eines Ritter war bei 3 Mark, ein Streitroß kostete
30 Mark.)
Neben der ordentlichen Steuer wurden vom Landesfürsten für besondere
Anlässe, wie z. B. Fürsten Hochzeiten, Heer Fahrten usw., Sondersteuern ausgeschrieben.
1706 kam es wegen einer solchen Marschkonkurrenz zu einem Streit zwischen
den Vierteln Branzoll und Leifers (Vfb. B. 1706, fol. 262). Es heißt: Wegen Marsch-
und remarchierendenkayserlichen und anderer Auxiliar Truppen istder Einquartierung halber zwischen
dem ViertlBranzoll und den Vierteln Leifers, Au, Seit, Preitenberg einige Differenz entstanden.
Nun wurdedie Sache gerichtlich entschieden. Die Kosten derEinquartierung des Jahres 1 705 wurden
wie folgtverteilt.- 1/3 in den beiden Vierteln Leifers und 2/3auf Branzoll. In Hinkunft soll
aber Branzoll allein die Truppen verpflegen und einquartieren,die andern vorgenannten Viertel
sollen zahlen,und zwar 100 Gulden, welche auf die einzelnenHöfe aufgeteilt werden. Es
handelt sich hier um Truppen Bewegungen von Österreich nach Italien im Zusammenhang mit
dem spanischen Erbfolgekrieg. Aus demselben Grunde erfahren wir von Truppeneinquartierungen
1702 im Kirchenhäusl; sie wurden mit Gersten, Mehl und Kraut versorgt.
Die Steuern wurden vom Land Richter in Gries eingerieben. Dem Landesfürsten
gegenüber war also das Landgericht Gries und Bozen das steuerpflichtige Subjekt; deshalb
war es umgekehrt der Gerichts verband von Gries, welchem der Landes Fürst 1316 einen Teil
der Steuern nachließ: Dominus remisit commutnitati hominum in iudicio in Griez de
steuragenerali Veron(enses) marcas 20. Innerhalb des Gerichtes wurde der Steuerbetrag von
den Gemeinden verlangt. und zwar aufgrund von Steuerrrollen oder Steuer Listen. Vereidigte
Vertrauensmänner des Land Richters mußten die Güter im Gemeinde Gebiet schätzen,
seien es Höfe, Äcker, Wein- güter. Wiesen, Wälder. Aufgrund dieser
Schätzung wurde die Steuer angeschlagen.
Im Rechnungsbuch des Tiroler Landesfürsten von 1300 werden die Einnahmen
dieses Jahres aus dem Gericht Gries verrechnet. Dort heißt es: An Zinswein 77-
Fuhren, fünf Yhrn, und 12 Fuhren aus den Neurauten, ausgenommen ist der Mairhof (curia)in
Leifers. (Kogler, Steuerwesen. S. 699). 1330 bestätigte König Heinrich dem Ritter
Konrad von Bozen und dessen Frau die althergebrachte Steuerfreiheit für ihre Häuser
zu Bozen und den Mairhof zu Leifers (eben dort S. 626). Es handelt sich bei diesem Konrad wohl
um Konrad von Turn, der den landesfürstlichen Mairhof zu Erbleihe hatte und von der Steuer
aus diesem Hofe befreit war. Es wäre möglich, daß diese Steuerbefreiung vom
diesbezüglich großzügigen König Heinrich erteilt wurde; der Hof ist aber
nicht mehr mit Sicherheit zu identifizieren. Der Hofname "Heinrichshof" hat sich
jedenfalls bis nach 1500 für den Fidererhof erhalten.
Für die Einhebung der Steuer im Gemeindegebiet mußte die Gemeinde durch
ihre Gemeindeorgane aufkommen. Dazu bestellte sie einen Steuerprocurator- und für
jedes der vier Viertel einen Steuer Treiber.
Im SLA erliegt aus dem Archiv Goldegg-Spauregg in Partschins ein Steuerbüchel
im ersten Viertel Leifers auf Georgi und Andrä samt jedensmals 1/6 extra und Martini Kirchensteuer
proanno 1753. Steuertreiber der Inhaber des Aichnerhofes wer der ist. Wie das Amt des Kirchpropstes
ging auch jenes des Steuertreibers in jedem Viertel Leifers nach einer fixen Ordnung von Hof
zu Hof. Demnach heißt es auch im genannten Steuerbüchl, daß das Amt des Steuertreibers
der Ordnung nach auf den Inhaber des Aichnerhofes zu verrichten fallet.
Häufig haben nun diese Steuereintreiber im Auftrag der Gemeinde einen höheren
Betrag eingetrieben, als er in die Kasse des Landrichters abzufahren war. Den Überschuß
konnten sie gut für Gemeinde eigene Aufgaben wie Straßenbau, Fürsorge der Bedürftigen
etc. verwenden. Ein Beispiel hierfür finden wir in einem Protokoll des Bozner Stadtrates
vom 25. Juli 1586, wonach dieser beschloß, die doppelte Küchensteuer als sonst einzuheben,
damit der Landgraben in Leifers und dessen Zuläufe von Sissa her geräumt werden
könnten. (Auf dem Leiferer Moos hatte die Stadt nämlich Weiderechte.) Näheres
zur Kuchlsteuer später.
Die steuerpflichtigen Subjekte sind also: dem Landesfürsten gegenüber
der Gerichtsverband, dem Gerichtsverband gegenüber die Gemeinden, den Gemeinden gegenüber
die Viertel oder Malgreien.
Das Territorium des Landgerichtes Gries und Bozen war hinsichtlich der Steuereinhebung
in drei Steuereinhebungsbezirke oder Steuerladen eingeteilt. Laut Ratsbeschluß der Stadt
Bozen vom 28. Juni 1541 waren die Steuerbezirke der Zwölfmalgreien, von Gries und Leifers
so gegliedert, daß der erste Steuerbezirk das Stadtgericht, der zweite die Zwölfmalgreien
und der dritte Bezirk die Drei Gassen (etwa zwischen Obstmarkt und Talfer), Gries und Leifers
beinhaltete.
Von der gesamten Steuerlast, die auf dem Gericht lastete, hatte jeder Bezirk ein
Drittel aufzubringen. Der Steuerbezirk, zu dem Leifers gehörte, wurde später weiter
so aufgeteilt, daß vom genannten Drittel der Steuerlast 2/5 auf die Drei Gassen, 2/5auf
Gries und 1/5 auf Leifers fielen. Leifers war zwar Gebiets mäßig sehr viel größer
als die Drei Gassen und auch größer als Gries, aber die dort liegenden Höfe
waren niedriger bewertet. Noch 1542 heißt es dazu in einem Verfachbuch des Gerichts Bozen:
Vor 50 Jahren war der Burger Gerichts Anwalt und Steuereinnehmer zu Leifers; Grieser und Leiferer
steuern zusammen, wenn Gries 20 Steuerknechte stellte oder erhalten müßte, so trief
es auf Leifers 10.« (Vfb. B. fol. 139) Neben der ordentlichen und außerordentlichen
Steuer gab) es noch eine dritte Steuer, also eine Abgabe mit öffentlich-rechtlichem Charakter,
nämlich die sogenannte Küchensteuer.
Die Küchensteuer wurde von vielen Höfen in Leifers eingehoben. Den Ursprung
dieser Steuer sieht man in einer Abgabe in Naturalien, meist Schafen, aber auch Rindern, Schweinen,
Hühnern oder Eiern an die landesfürstliche Küche. In den landesfürstlichen
Rechnunsbüchern des 13. und 14. Jahrhunderts ist denn auch die Rede von der stiura
coquinaria. Über das Ausmaß der Küchensteuer gibt das Grieser Gerichts-Urbar
des Jahres 1396 Aufschluß." Demnach hatten Bozen Stadt und Rentsch 40 Mark und 20grossi
jährlich zu zahlen, Gries und Leifers mit Breitenberg hingegen 23 Mark, drei Pfund
und drei grossi. Die Summe der Küchensteuer war also 63 Mark, 4 Pfund, 11 grossi
also eine beachtliche Summe. Diese Steuer war jährlich bis -Martini zu bezahlen.
Wie alle anderen Steuern und Abgaben. so wurde auch die Küchensteuer schon
im Mittelalter durch ein Geldäquivalent ersetzt.
Georg Tengler
Verfasst von Georg Tengler und veröffentlicht im Buche "Leifers-vom Dorf bis zur Stadt" im Jahre 1998© by Raiffeisenkasse Leifers