Die alten Verkehrswege
Die Brenner Straße
Wenn wir den Verlauf der römischen via Claudia
Augusta, welche von Kaiser Claudius um 46 n. Chr. angelegt wurde, von Trient über
Neumarkt-Auer-Kaltern-Eppan-Nals-Lana-Marling über die Töll zum Reschenpaß
annehmen, so ist mit Sicherheit eine Neben Verbindung Auer -Branzoll-Leifers-Bozen anzunehmen,
zumal diese Dörfer damals schon besiedelt waren. Vor römische Siedlungsspuren lassen
uns sogar auf ältere'Verkehrswege schließen. Diese Wege wurden Hochwasser sicher
den Berg Hang entlang geführt. Vom Süden her kommend dürfte sich der Verlauf
bis zum Steinmannhof in etwa mit der heutigen Trasse decken. Ob dort die Straße wie heute
gegen die Tal Mitte bis zum Wurzer hin bog oder geradeaus zum Renner Hof und weiter den Berg
Fuß entlang bis zum Kirchhügel von St. Jakob führte, ist unklar. Auf halbem
Weg zwischen Renner und St. Jakob stehen heute noch die Reste eines mächtigen Wachturms,
des sogenannten Turmes in der Dinzlleiten. Darunter kann man im Gelände heute noch Spuren
eines alten Straßen Körpers entdecken. Über den weiteren Verlauf der Straße
nach Norden besteht noch Unklarheit; Georg Innerebner vermutet den Verlauf über die Berg
Stufe bis zur Haselburg und über den Virgl nach Kampill.
Mit dem Ausbau der Straße durch die Eisack Schlucht unter
Kaiser Septimus Severus um 220 kam der Verbindung Auer-Leifers-Bozen erhöhte Bedeutung
zu. Wahrscheinlich wurde damals diese Verbindung erstmals ausgebaut; der beschwerliche Anstieg
über den Virgl ist für die römische Straßenbau Philosophie wohl eher auszuschließen.
Demnach ist bei Auer eine Gabelung der Hauptstraßen anzunehmen. Zu untersuchen wäre
in diesem Zusammenhang die Bedeutung der von Gmund über den Aurer Bahnhof in gerader Linie
bis Branzoll führenden "alten Landstraße". Noch 1560 führte der Weg
nicht den Berg entlang, sondern durchs Tal, und erst damals begann man die Verlegung der Straße
vom Tal Boden zum Berg hin, was allerdings die Strecke um etwa ein Drittel verlängert
hatte. Diese Verlegung erregte deshalb den Unmut der Kauf Leute. Die alte Trasse durch langwährendeböse
Lacken, aber als kürzeste Verbindung zwischen Gmund und Branzoll, würde aber
dem Konzept entsprechen, welches dem Bau der römischen Heer Straßen zugrunde lag,
nämlich jenem der direkten und kürzesten Verbindung zweier Punkte, auch unter technischem
Aufwand.
Nach denselben Kriterien würde die Trasse vom Steinmannhof nordwärts auf der heutigen
Trasse naheliegender sein als jene den Berg Fuß entlang und über den St.-Jakobs-Kirchhügel
und die Haselburg. Zu bedenken ist auch, daß am nördlichen Fuß des Schuttkegels
von Sissa das Gelände noch heute äußerst sumpfig und unwegsam ist. Für
einen Verlauf auf der heutigen Trasse im Tal Boden würde auch die Position des überlebensgroßen
Christophorus Bildes auf der Kirche in St. Jakob deuten. Dieses Fresko wurde 1495 auf der vom
Tal her sichtbaren West- und Hauptfassade der Kirche angebracht. Der hl. Christophorus sollte
nämlich von den vorbeiziehenden Pilgern, Reisenden und Fuhr Leuten gesehen werden.
Im Mittelalter erhält der Brenner weg mit den Kaiser Zügen,
welche seit Otto 1. (956) zur Kaiserkrönung nach Rom zogen, große Bedeutung. Ebenso
und noch bedeutender war dieser Weg für die zahlreichen Pilger, welche von Norden kommend
die Alpen überquerten und nach Rom, Jerusalem oder St. Jakob von Compostela inSpanien
pilgerten. Der Apostel St. Jakob war nämlich Patron aller Pilger, Fährleute und Reisenden.
Deshalb finden wir Kirchen mit seinem Patronat gerade an viel begangenen Durchzugsstraßen.
Aus diesem Grunde läßt das Patrozinium des heiligen Jakob in der Au auch hier auf
einen alten vorbeiführenden Weg schließen. Näheres zu dieser Kirche findet
sich in einem eigenen Kapitel. Zu erwähnen ist etwas südlich der Kirche am Berg Fuß
eine Quelle, von der es noch um 1705 heißt: ein Prunnen, unter derSt.-Jacobs-Kirchen,
so aus dem Perg beraus fließet und von alters her St.-Jacobs-Prunnen genannt wirdt. Für
den Weg Verlauf auf der heutigen Trasse würde übrigens auch eine Stelle in einer
Urkunde de anno 1329 sprechen, laut welcher ein Hof zwischen St. Jakob und Sissa aufder
unteren Seite an die öffentliche Straße grenzt: a latere inferiori est via pubblica.
Eine erste Beschreibung des Zustandes dieses Weges finden wir
in einer Urkunde vom 11. Oktober 14401, mit welcher Alexander, Patriarch von Aquileia, Emendatarius
des Bistums Trient, den Friedhof in Leifers weiht. In der Begründung wird berichtet, wie
die Gläubigen aus Leifers sich in einer Supplik an den Bischof gewandt hatten und ihr
Beschwernis bei der Beerdigung ihrer Toten im Pfarrfriedhof von Bozen damit begründet
haben, daß der Weg nicht nur weit, sondern auch mühsam und gefährlich sei,
»weil bei Regengüsse, Schnee, Hagel und Überschwemmungen die Brücken und
Wege zerstört würden. (pontes vieque rumpuntur et destruntur).
Nachrichten über die Instandhaltung dieser ",Landstraße",
finden wir z. B. 1586, als der Bozner Stadtrat beschloß, den Landgraben und dessen Zuflüsse
gründlich zu räumen, um dadurch die Landstraße vor Überflutungen zu schützen.
Für diese Arbeiten der Graben Räumung mußten die Steuer viertel aufkommen,
und zu diesem Zwecke wurde die sogenannte Kuchlsteuer verdoppelt. Für Arbeiten an der
Landstraße selbst hingegen kam, ob deren Bedeutung für Handel und Militär,
die Landesregierung auf. Der Landesfürst Sigmund der Münzreiche gewährte 1447
den Boznern eine Zoll Gebühr, welche sie von Kaufmanns waren, die das Gericht passierten,
einheben konnten. Dieser Zoll sollte zur Erhaltung von Wegen, Stegen und Brücken verwendet
werden. Die von Süden kommenden Fahrzeuge mußten bei der Eisackbrücke den Zoll
entrichten, denn dort betrat man das Gebiet der Stadt Bozen. Dies blieb so bis zur Vereinigung
der Gemeinden Zwölfmalgreien und Bozen 1910. Dadurch verschob sich die Gemeinde grenze
von Bozen nach Süden bis zur Grenze mit der Gemeinde Leifers. So erbaute die Stadt Bozen
1912 an der neuen Grenze auf Grund Parzelle 853 ein neues Zoll Haus, welches mit wenigen Änderungen
unverändert noch heute besteht. Dieser Zoll wurde aber 1925 abgeschafft, und im ehemaligen
Zoll Haus ist heute eine Apotheke untergebracht .
1569 war auf dem Abschnitt der Landstraße Bozen-Branzoll
schon ein ständiger Weg Macher im Dienst. Wegen der Privilegien der Rottfuhrgesellschaft
des Warentransportes auf der Straße von Bozen bis zur Länd in Branzoll und umgekehrt
ist es auch zu mutwilliger Beschädigung der Landstraße gekommen; so wurde Wasser
aus den Gräben und dem Brantenbach auf die Straße gekehrt.Im 16. Jahrhundert häufen
sich die Klagen über den schlechten Zustand der Landstraße. Laut einem Bericht des
Wegbereiters Peter Lindacher von 1595 habe das Wasser die Straße vonLeifers bis zur
Bozner Grenze dermaßen ausgeschwenzt, daß große Köj7 in den Weg gesessen.Weil
das keinesfalls zu gestatten wäre, wie esauch durch die Fuhrleute und Raisige (= Reisende)
Unwillen und Beschwerungen gebe, so wurdeanbefohlen, die Wassergräben auszuschöpfen.
Neben
diesem vernachlässigten Zustand der Straße selbst hören wir immer wieder von
allerlei Licht scheuem Gesindel, welches in den Au Wäldern längs der Landstraße
haust, die Wege unsicher macht und die Reisenden ausraubt. Besonders berechtigt war der Abschnitt
zwischen St. Jakob und Leifers. 1550 legte die Regierung in Innsbruck der Stadt Bozen nahe,
die Leiferer Au, darin sich vil ubltätige Personen enndthaltenund dem Gemaine werbenden
Mann, so an diesern Ort als der Landstraßen bin
und wider wandeln muß, ganz geverlich, zu Erpauung nuzbarer Gieter als Acker Wies und
Weingarten auszuteilen."'Diesem Übel
versuchte der Stadtrat im 16. Jahrhundert zumindest während der Zeit der vier Bozner Märkte
dadurch zu begegnen, daß Wach streifen auf der Straße eingesetzt wurden."
Im Lichte dieses für den Handel katastrophalen Zustandes
der Reichsstraße ist auch jenes Projekt um 1600 zu sehen, welches den Bau eines schiffbaren
Kanals von Bozen bis Branzoll vorsah.
Mit kaiserlicher Verordnung vom 14. Juli 1764 hat Maria Theresia
die Breite der Straßen außerhalb der Ortschaften normiert: Sie sollte 22 Tiroler
Schuh (= 7,3 m) betragen, ohne die beiden Seiten Gräben zu rechnen."
Die erste wesentliche Begradigung der Landstraße oder Post-
und Commerzialstraße, wie sie im vorigen Jahrhundert hieß, wurde erst um 1831
vorgenommen. Bis dahin führte die von Norden kommende Straße vom Gasthof Großhaus
durch die heutige D.-Chiesa-Straße bis zum viel besuchten Gasthof Kölbl, später
zur "Alten Post", genannt, von dort abwärts bis zum Egghäusl und weiter
durch die heutige Marconistraße zum Welschwirt, später Gasthof Gutleben. Vom Welschwirt
zweigte ein Weg zur Länd ab, die Landstraße stieg wie heute leicht an, überquerte
den von der Reif kommenden Protzweg und erreichte die Brücke über den Brantenbach.
Die vom Großhaus bis zum südlichen Dorfende weit gezogene Schleife wurde damals
begradigt und die heutige Staatsstraße angelegt." Der Haupt Verkehr zog nun nicht
mehr am Welschwirt vorbei, ein Zeichen, daß die Zufahrt zur Länd an Bedeutung verloren
hatte. Ebenfalls wurde damals die lange gerade Strecke vom Wurzer bis zum Würstl angelegt,
während vorher der Verlauf eine weite S-Schleife bildete, wie noch aus den Katasterplänen
zu ersehen ist.
Über den Zustand der Straße gab es immer wieder Klagen;
sie war nicht gepflastert, sondern eine staubige und holprige Schotter Straße, die erst
in unserem Jahrhundert asphaltiert wurde. In den trockenen Sommermonaten muß die Staub
plage ein erschreckendes Ausmaß angenommen haben; bezeichnend ist dafür ein Zeitungsbericht
im Tiroler vom Mai 1912: »Ein Motorrad Fahrer passierte die Reichsstraße zwischen
Oberbau und Leifers und kreuzte mit einem in entgegengesetzter Richtung fahrenden Radfahrer,
einem Landesschützen. infolge des ungeheuren Staubes, der durch ein gleichzeitig auf derselben
Strecke fahrendes Auto aufgewirbelt wurde, war den beiden Radfahrern jedwede Aussicht genommen
und stießen zusammen. Der Aufprall muß mit furchtbarer Wucht erfolgt sein, denn
beide sind schwer verletzt und haben fast keine Hoffnung auf Genesung.
Am 18. Jänner 1912 wurde erstmals auf der Strecke Bozen-Leifers
ein Autobus Dienst eingerichtet. 1913 erhielt die Bozner Straßenbahn eine Verlängerung
bis zum Wurzer; Leifers selbst wurde erst 1931 erreicht.
Auch vor der Motorisierung des Straßenverkehrs muß
es auf dieser wichtigen Straße sehr lebhaft zugegangen sein, vor allem wenn die Rottfuhrleute
mit ihren schweren Fracht wagen unterwegs waren oder wenn Kriegs Leute mit Roß und Wagen
durchzogen. Als Beispiel diene der Truppen Durchzug im März 1701, bei dem an die 30.000
Mann über die Brenner Straße nach Mailand zogen; unter ihnen war auch Prinz Eugen.
Aber selbst in Friedenszeiten konnte die Straße sehr belebt sein: Eleonora Prinzessin
Gonzaga zog 1651 von Mantua mit einem Gefolge von etwa 800 Personen und ebenso vielen Pferden
an einem Tag durch unser Dorf und über den Brenner nach Wien."
Das Treiben auf den holprigen Straßen können wir aus
einer Zählung der Verkehrsteilnehmer in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 15.März
1500 in der Valsugana erahnen: Dort passierten:
573 Leute zu Fuß, 234 Leute zu Roß, 146 Saumrosse,
6 Floße, 184 Rottwagen und 61 Terfiswagen (letztere sind große Fracht
wagen).
1728 erließ die Regierung Befehl, die Straße durch
das Leiferer Moos zu beschatten, dort wurden dann zahlreiche Murbäume gepflanzt, während
durch Oberau zur Zeit des französischen Regno d´Italia, 1810-1813, eine Allee
mit italienischen Pappeln angelegt wurde.
Mit einem Dekret Napoleons vom 23. August 181011 werden erstmals
die auf den Reichsstraßen zugelassenen Wagen normiert, um die Straßen zu schonen.
Diese wurden vom Wagen Verkehr dadurch beschädigt, daß zu schwere Lasten auf Wägen
mit schmalen Schienen Rädern befördert wurden.
Dadurch bildeten sich tiefe Fahrrillen. Im genannten Dekret wurde
verordnet, daß die Radreifen der Fracht wagen mindestens 11 cm breit sein mußten
und daß vierrädrige beladene Wagen nicht mehr als 4000 kg wiegen durften. Diese
Verordnung ist für die damaligen Verhältnisse technisch sehr modern und fortschrittlich.
Sie unterscheidet einmal zwei- und vierrädrige Wagen, zum anderen verschiedene Höchstlasten
für Sommer- und Winter Verkehr. Die Höchst Last durfte im Zeitraum vom 1. April,bis
zum 1. November um etwa 20 % höher sein als im Winter. Außerdem war die Höchst
Last je nach Breite der Radreifen normiert. War der Rad Abstand der Hinter Räder um mindestens
12 cm größer als jener der Vorderräder, so war ein Mehrgewicht von etwa 6 %
zulässig. Die in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzten Wagen waren von ob genannter
Regelung befreit; offensichtlich weil sie kaum die Reichsstraßen befuhren.
An jedem für Reichsstraßen zugelassenen Wagen mußte
eine Eisen Plakette mit dem Eigengewicht des Wagens angebracht sein. Außerdem mußte
an der Wagen Brücke ein Längen maß von einem halben Meter in Zentimetern eingeschnitten
sein. Die Last der Fracht war mit einem Wagenbegleitschein aus zuweisen. Die Details des Wagens,
von der Achse bis zum Rad Nagel, waren normiert. Wer mit einem nicht vorschriftsmäßigen
Wagen ertappt wurde, mußte eine hohe Geldstrafe bezahlen, die Räder des Wagens mußten
zertrümmert werden.
Es gibt verschiedene Beschwerde Akten der Rottfuhrgesellschaft
von Leifers gegen diese neue Regelung: die Rottfuhrleute behaupteten, sie seien Bauern und
würden die Wagen neben der Landwirtschaft auch für die Rottfuhr benützen; sie
könnten es sich nicht leisten, für die Rottfuhr eigene Wagen zu kaufen.
Die einige Jahre vorher (1806) vom bayrischen König Maximilian
Josef für die Reichsstraßen in Tirol erlassenen Verordnungen legen hingegen das
Schwergewicht auf die Instandhaltung der Straßen und deren Finanzierung. Mist und Jauche
auf die Straße rinnen zu lassen, sollte fortan nicht mehr gestattet sein. Das Eigentum
des Staates am Straßen Körper war von jenem der angrenzenden Privaten scharf zu
trennen. Interessant ist diesbezüglich der § VII der Verordnung vom 25. Juni 180617,
wo es über die Grund Entschädigung an Private heißt: »Es muß der
Grundsatz nicht aus den Augen gelassen werden, daß, solange eine Straße nicht wenigstens
so breit ist, daß sich zwei Wagen darauf aus weichen können, in der Regel gar keine
Entschädigung Platz greifen kann. Denn jede Straße muß diese Breite bei ihrer
Anlage gehabt haben, wenn anderst das Lokal nicht natürliche Hindernisse, als Felsen u.
dgl. hatte.- Zäune sollten wenigstens drei Schuh (ca. 1 m) vom Straßengrabenrand
entfernt sein. Aus Kosten gründen seien die Stangen Zäune den Spalten Zäunen
vorzuziehen. Auf jeder Stunde Weges wurde ein Mark Pfahl, auf jeder Achtel Stunde Weges ein
Mark Stein gesetzt. Ein solcher Mark Pfahl aus bayrischer Herrschaft ist noch in Rentsch bei
Bozen erhalten. Wer die Geldstrafe für die Übertretung der Verordnung nicht aufbringen
konnte, mußte den Ersatz durch Straßen Arbeit abverdienen.
Zur Instandhaltung der Ärarialstraßen wurde Weg- und
Brückengeld eingenommen. In unserem Gebiet wurde dieses Geld in Neumarkt, Branzoll, an
der Eisackbrücke und an der Talfer Brücke eingenommen. An diesen Orten bestandenWeggeldeinlangerämter.
Diese Ämter wurden jeweils auf bestimmte Zeit verpachtet. So finden wir um 1800 im
Amt zu Branzoll zuerst Karl Gasteiger und dann dessen Sohn Josef Gasteiger als Weggeldeinlanger.
Unter bayrischer Herrschaft wurde das Weggeld ganz neu geregelt. In der Verordnung vom 28.
Juni 1806 wird eingangs bemängelt, daß bis dahin von leichtemFuhrwerk mehr als
von schwerem, vom Klauenvieh eben so viel als von Pferden und an vielenStationen von einer
Meile eben so viel, als von 2,3, bis 31/2, Meilen bezahlt wurde."Außerdem sei
von den vorzüglichsten Brücken des Landes gar kein Brückengeld genommen worden.
Die Einnahmen an Weg- und Brückengeld sollten den Straßenbaufonds bilden. Im 11.
Teil dieser Verordnung heißt es: In sofern die Strassen von demschweren Fuhrwerke
mehr, als von dem leichtenverdorben werden soll, wenn an einem Fuhrwerke vier Pferde, Maulthiere
und Zugochsen, odersechs Kühel angespannt sind, 4 Kr. pr. Stück undMeile, für
das fünfte Pferd aber 5 Kr. für dassechste Pferd 6 Kr. usw. einen Kreuzer mehr bezahlt
werden. Dagegen ist für ein Pferd, einenZugochsen, eine Kuhe, ein Maulthier, oder für
einen Esel, wenn drey Stücke an einen Wagen gespannt sind, pr. Stück und Meile nur
3 Kr. zu bezahlen. Für ein an einem leeren Fuhrwerke, anZieh- oder Grattenkarren gespanntes
Stuck Zugvieh aller Art, oder für ein Saum- und Reitpferd,Esel und Maulthier, oder auch
für Vorspannpferde, wenn sie auch nicht die Wege - Mautstationen passieren, indem die
Fuhrleute zum Nachtheile des Wegbaufonds solche gewöhnlich vorder Station heimlicher Weise
abspannen, soll dieHälfte desjenigen bezahlt werden, was für denan schweren Fuhrwerken
gespannte Zugvieh erlegt wird. I n dieser Verordnung heißt es weiter, daß die Strassen
von den Fuhrwerken mit breitfelgichten Rädern bey weitem nicht so abgenutztwerden, als
von denen, deren Räder die gewöhnlichen schmalen Felgen haben. Aber zum Unterschied
zur napoleonischen Verordnung wurden
Zugelassenes Höchstgewicht für
Wagen in Kilogramm
laut Dekrert Napoleons vom 23.August 1810
Zweirädrige |
Lastwagen |
Vierrädrige |
Lastwagen |
||||
Breite des Radreifens in cm |
Sommer gewicht |
Winter- gewicht |
Breite des Radreifens in cm |
Sommer gewicht |
Winter- gewicht |
Breite des Radreifens in cm |
Postwagen ganzjährig |
11 14 17 25 |
2700 4100 5800 8200 |
2200 3400 4800 6800 |
11 14 17 22 |
4000 5700 8100 10500 |
3500 4700 6700 8700 |
6 7 8 9 10 |
2000 2300 2600 3200 3400 |
schmale Felgen nicht verboten, sondern das Weg-
und Brückengeld wurde umso mehr reduziert, je breiter die Felgen waren. Diese Regelung
hat offensichtlich auf die spezifischen Verhältnisse eines Gebirgslandes mehr Rücksicht
genommen als die französische.Jeder Fuhr Mann oder Reisende erhielt zum Beweis des erlegten
Brückengeldes einen Schein, den er an der nächsten Wegmaut abgeben mußte, wollte
er nicht die vorgesehene Geldstrafe bezahlen.
Auch im Folgenden nimmt die bayrische Regelung mehr Rücksicht
auf Berg Straßen; sie sieht Strafen vor für jene Fuhrleute, welche die Räderder
Fuhrwerke beym Abfahren von den Bergstrassen sperren, ohne einen Radschuh anzulegen; oder die
sogenannten Karrenzieher, welcheden hölzernen Aufhalter ihres Karrens, ohnedarunter einen
Radschuh zu legen, schleifen lassen, als wodurch die Straßen verdorben werden. Für
einen Zentner Ware sind in ganz Tirol nicht über elf Kreuzer Weggeld zu zahlen.
Besonders untersagt war es nach dieser bayrischen Verordnung,
daß Reisende, wie sonst öfter geschehen, den Wegmachern Trinkgelder geben
oder daß letztere solches abfordern. Durch Trinkgeld konnte man offenbar bei vermurten
oder sonst verlegten Straßen eher ein Vorwärtskommen erreichen.
Besonders schwierig muß dies auch bei starken Schneefällen
im Winter gewesen sein. So mußten bei starken Schneefällen, wie z. B. am 21. Jänner
1810, auf der Straße zwischen Bozen und Branzoll große Schneepflüge mit drei
Paar starken Pferden eingesetzt werden."
Der folgende Vorfall gibt einen kleinen Einblick in menschliches
Schicksal auf der Straße: Der Gemeinde Vorsteher Josef Ebner schickte am 13. März
1862 folgendes Schreiben an das Bezirks Amt in Bozen: Es wird hiermit die ergebendste Anzeige
erstattet, daß am 1 1. d. Mts. circa 5 Uhr
abends auf der Strasse zwischen St. Jakob und Leifers
ein alter nahe 80jähilger Man angeblich von Sarnonico in Nonsberg zu Hause, vomSohn des
hierortigen Besitzers Johann GerberThurner, der mit einem Ochsenwagen nachHause fuhr, liegend
gefunden worden ist, undals der Bursch sah, daß der Alte aus Schwächenicht weiter
kommen konnte, so lud er ihn aufseinen Wagen auf und führte ihn nach Hauseund da sagte
ihm der Alte, daß er eben aus demStadtspital in Bozen komme und nach Stadl zuseinem Bruder
geben wolle.
Der Besitzer Gerber wies ihm in seinem Stalle eine Liegestätte
an und verabreichte ihm Speiseund Trank. Gestern sah der Besitzer Gerber, daßder Alte
aus Schwäche nicht weiter kommen könne und er erstattete hieramts um circa 3 Uhrnachmittag
die Anzeige, worauf die gefertigteGemeinde Vorstehung eine Vorspann beorderte,es wurde aber
aus Mangel von Pferd nicht gefahren und die Gemeindevorstehung erhielt hievonkeine weitere
Mitteilung. Heute erstattet nun derBesitzer Gerber die Anzeige, der besagte Alte seiim Stalle
tod gefunden worden.
Die ergebenst gefertigte Gemeindevorstehungstellt
daher das gehorsamste Ansuchen, ob derVerstorbene, der zwar in einem natürlichen Todegestorben
ist, anstandslos beerdigt werden darf,oder ober vorerstlich eine gerichtliche Kommission auf
Ort und Stelle erscheint.
Alte Wege
Im Talboden zweigten die Wege von der Landstraße ab und
führten zu den einzelnen Höfen. Die wichtigsten Wege waren jener von der Landstraße
durch die Au zum Weißhaushof sowie jener uralte Weg, auf welchem die heutige Bahnhofstraße
verläuft. Denn über diesen erreichte man nicht nur den Aspmayr, den Hirschen, den
Müller, Thaler und Leibele, sondern auch das"Obere Urfer", welches beim Schrenkenhof
die Etsch überquerte. Dies war die Haupt Verbindung von Leifers nach Pfatten, erst seit
der Mitte des 18.Jahrhunderts gab es an der Stelle der heutigen Pfattner Brücke ein Urfer.
Dieser Weg war auch deshalb für Leifers sehr wichtig, weil er zum Oberurferhof führte,
welcher der Leeg Leifers und Unterau gehörte. Außerdem erreichten die Leiferer und
Regglberger über das Obere Urfer das Überetsch. 1669 verlangte der Deutschnofner
Gerichtsherr zusammen mit den nächstanstossenden Gerichten, ein Urfer durch Pfäten,wie
in alters gewest, über das Etschwasser wiederzu errichten, damit die Deutschnofner ihr
Weingartholz besser an den Mann bringen können (Vfb. B. 1669).
Die Verbindung mit dem Regglberg führte durch das Brantental.
Die Bedeutung dieses Weges wird im Beitrag von Frau Rosa Stocker Bassi dargestellt. Erwähnt
werden soll dazu nur noch, daß das Tal 1797 durch einen Franzosen Einfall verwüstet
worden war (Vfb. B. 1798, fol. 290). Über den Franzensberg führten alte Wege am Peterköfele
vorbei zum Mayr, Weigler oder Buchner sowie zum angrenzenden Gschlößler oder Bucha.
Von diesen beiden Höfen führte ein Protzweg steil hinauf
zum Brunnicher und Käser auf Petersberg, ein Saumweg querte den Franzensberg nach Süden
und erreichte den von Branzoll nach Petersberg fahrenden alten Weg.
Der Wallfahrtsweg nach Weißenstein wurde erst 1769 angelegt
und ist somit jünger als die anderen Berg Wege. Bis auf die Höhe des Buchnerhofes
folgte er dem alten Weg, von dort weg mußte er neu ausgebaut werden, wobei man vielleicht
bestehenden Jäger steigen folgen konnte.
Auf den Breitenberg führte eigentlich nur ein Weg, welcher
beim Kalcher seinen Anfang nahm und seit dem Ausbau der Fahrstraße zu den Berg Höfen
nur mehr in einzelnen Abschnitten als Plattenweg erkennbar ist. Auf der Höhe des Hofes
am Stein (Ober- und Unterstein) zweigte ein Weg zum Hochegger ab, ein Protzweg führte
durchs Bruggental zum Wölfl auf Deutschnofen. Vom Tschuegg führte ein Saumpfad zu
den Mühlen am Tschueggenbach und weiter zum Alpler und nach Seit.
Der
Alpler liegt auf dem Schmalberg und ist über einen Weg erreichbar, der noch heute vom
Steinmann über den Schmalberg nach Deutschnofen fährt.
Vom Steinmannhof stieg der alte Weg nach Seit auf. Er führte
am Unter- und Oberrosser gerade hinauf zum Fritscher, zur Kirche, am Tschuffenerl vorbei zum
höchst gelegenen Hof, dem Köhl.
Vom Fritscher erreichte man den Gschlundner, von welchem ein alter
Plattenweg steil zum Stallerhof und nach St. Jakob abfällt. 1709 wurde dieser Weg neu
angelegt. Darauf kam es zu einem Streit zwischen den Benachparten auf Seit Schlundner,
Fritscher, Müller, Tschuffenerl, Pichler, Köhl auf der einen Seite und den übrigen
Höfen auf der andern. Erstere hatten den Consens erhalten, durch den Grund und
Berg des Schlosses Haselburg des Rochus Sebastian von Kiepach durchzubrechen, und in vier Jahren
um ca. 1000 Gulden den neuen Weg erbaut. Da nun auch die anderen Seitner Höfe den neuen,
kurzen Weg nach Bozen benutzten, forderten die Erbauer von ihnen einen Beitrag. Da sich diese
weigerten, wurde ihre Gemain- und Particularbewaldung in Augenschein genommen. Schließlich
kam es zu einem Vergleich: Der Weingartner mußte 30, Hans Zelger am Ebnerhof 30, Thoman
Thaler Albl 18, Ulrich Moser Altebner 18, Hans Aussteller auch Altebner 18 Gulden zahlen. Die
Inhaber des Roßkoflgutes mußten 10 Gulden zahlen, der größere 6, der
andere 4. Alle diese Höfe erhielten aber das Recht, daß die Verbindung bis zum Mihlegg(beim
Fritscher) hergerichtet werde. Für die Instandhaltung des neuen Weges waren nur die ersten
sechs Höfe verpflichtet, dafür mußten die anderen den alten Weg nach Sissa
instand halten. Den Deutschnofner Weg mußten jene instand halten, die ihn benutzten
(Vfb. B. 1709, fol. 594). Dieser steile Plattenweg ist heute noch begehbar.
Der Plattenweg durch die Felswand hinab zur Haselburg wurde erst
um 1850 angelegt.
Neben diesen mit Protzen zu befahrenen Wegen gab es noch
verschiedene Saumpfade, die heute entweder ganz vergessen und verwachsen sind oder vom Alpenverein
als Wanderwege instand gehalten und markiert werden. Zu diesen gehört der Steig vom Ebner
zum Spörl. Verwachsen hingegen ist der alte Steig vom Hof in der Tinzlleiten nach Seit.
Verfasst von Georg Tengler und veröffentlicht im Buche "Leifers-vom Dorf bis zur Stadt" im Jahre 1998© by Raiffeisenkasse Leifers