Alte Wassermühlen in Seit bei Leifers
Die Höfe des Ortes Seit liegen auf einem sonnigen
Süd Hang, der im Süden durch den Alplerbach vom Schmalberg begrenzt wird. Seit selbst
ist eher wasserarm, weshalb mit dem Wasser von jeher sparsam umgegangen werden mußte,
um den vielfältigen Bedarf zu decken: Wasser fürs Haus, fürs Vieh, für
die Bewässerung der Wiesen und Äcker, für Mühlen und Sägen; dies kann
an einem kleinen Wasserlauf beobachtet werden, der für viele Höfe lebenswichtig war,
dem sogenannten Marchtalbachl.
Dieses Bachl entsteht aus mehreren Quellen, die oberhalb des Rutterhofes
entspringen, und fließt durch das Marchtal ab, an das mehrere Höfe grenzen. Dieses
Wasser wurde von den umliegenden Höfen in mannigfaltiger Weise genutzt: Zwischen dem Rutter-
und dem Tschuffenerlhof wird das Wasser im Mühlweiher des Müllerhofes gestaut. Von
hier aus kann das Wasser entweder durchs Marchtal abfließen oder den steilen Wiesen Hang
nach Süden queren, wobei es anfangs durch Holz rinnen und dann in einem Wasserwaal mit
eingebauten Schleusen zur Verteilung in die umliegenden Wiesen fließt.
Oberhalb des Müllerhofes wird das Wasser ein erstes Mal über
eine Holz rinne, Uesch genannt, auf ein Mühlrad geleitet, jenes der Tschuffenerlmühle.
Am Tür Balken des von Sonne und Regen schwarzen Holz Hauses ist die Jahr Zahl 1887 ein
geschnitzt. Die Mühle ist aber viel älter und wurde damals wohl erneuert oder neu
aufgebaut. Bereits im Theresianischen Steuerkataster wird beim Tschuffenerlhof eine »Hausmühl
mit einem Gang« genannt. Über die Schußuesch stürzte das Wasser
auf das Mühlrad, durch welches sämtliche mechanischen Vorgänge in der Mühle
betrieben wurden. War das Mahl gut in der Gosse fertig, so konnte mit einer klug ausgedachten
Vorrichtung die Uesch verstellt werden, damit der Mühlstein nicht leer weiter lief.
Diese Vorrichtung war oft der schwache Punkt der Mühle, so daß die Uesch mit
Hand ausgehoben werden mußte. In kalter Jahreszeit war zu vermeiden, daß sich beim
stehenden Wasserrad Eis bildete: Dazu konnte der Boden der Uesch in etwa einem halben
Meter Länge geöffnet werden, damit das Wasser rechtzeitig abfließen konnte.
Gleich unter dem Mühlrad der Tschuffenerlmühle wurde
das Wasser wieder in eine Holz rinne geleitet und zur knapp darunter stehenden Köhlmühle
geführt. Das Gebäude ist hier gemauert und in gutem Zustand, an der Tal seitigen
Wand ist die Jahr Zahl 1868 mit den Anfangsbuchstaben des Erbauers, des damaligen Köhlbauern
Josef Zelger, angebracht. In dieser Mühle ist außerdem eine hier seltene Gerstenrendl
erhalten; nur im Brantental gab es beim Weizgruber (Weizer) eine Gerstenrendl. Diese wurde
mit einem eigenen Wasserrad angetrieben und hatte anstelle des Lafers zwei kleinere
aufgestellte Steine, die mit einer Achse miteinander verbunden waren und wie zwei Räder
im Kreis auf dem Lieger hintereinander her rollten.
Berg seitig ist außen am Mühlhaus die Kuchldazugebaut,
eine gemauerte Feuerstelle, die mit einem ausgedienten Mühlstein zugedeckt ist und von
innen zum Wärmen der Speisen bedient werden konnte. Beim Müllerhof stand die nächste
Mühle in einem Holz Haus neben dem Stadel. Mit dem Neubau des Stadels Ende der zwanziger
Jahre kam die Mühle, die noch in sehr gutem Zustand ist, in den neuen Stadel und wird
nun mit einer Wasser Turbine angetrieben. Auch diese Mühle wurde im Theresianischen Kataster
genannt als Mihl mit 1 Gang und Sag, so die Mihlund Metzgerechtigkeit beihat.Die Müller
Mühle war also die einzige gewerbsmäßig betriebene Mühle in Seit, bei
der jeder, der keine Haus Mühle hatte, sein Getreide mahlen lassen konnte, dafür
konnte der Müller metzen, das heißt, einen Teil des Mehls ein behalten. Dem Hofnamen
nach könnte diese Mühle auch die älteste von Seit gewesen sein. Beim Müllerhof
trieb das Wasser auch eine Futter schneide- und eine Korndreschmaschine.
Das
Wasser fließt nun durch das kleine Tal unter dem Schulhaus und dem Widum und erreicht
unter der kleinen Leiten des Widums die Mühle des Bühlerhofes: Diese Mühle ist
ebenfalls seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb und entsprechend dem Verfall preisgegeben.
Unter der Bühlermühle wird das Wasser in einem neuen
gemauerten Bewässerungsbecken gespeichert und erreicht knapp darunter die Mühle des
Fritscherhofes, die heute sehr stark verfallen ist. Am Fuße dieser Mühle wurde das
Wasser wieder gestaut, um es für die tiefer liegende Säge des Fritscherhofes zu nutzen.
Diese Säge war letzthin die einzige auf Seit und trug an einem Balken die Zahl 1888. Sie
hatte einen hohen Wasserbedarf, so daß mit einem Weiher etwa drei Schnitz eines vier
Meter langen Stammes gemacht werden konnten. Wurde der Weiher durch nachkommendes Wasser des
Mühlbachls gespeist, so konnte die Säge etwa einen halben Tag lang betrieben werden,
am besten ging die Arbeit freilich bei Regentagen. Von der Säge sind nur mehr Mauern erhalten,
der Weiher ist verwachsen und dazwischen führt die neu asphaltierte Straße zum Gschlundnerhof
durch.
Das Wasser folgt nun dem kleinen verwachsenen Tal. Bald darunter
wurde es im gemauerten Weiher für die Ebnermühle wieder gestaut. Auch hier sind von
Weiher und Mühle nur verfallene und verwachsene Mauern und der von Laub bedeckte Mühlstein
am Boden übrig. Von hier kann das Bachl quer über die Wiesen nordwärts zum Gschlundnerhof
abgeleitet werden. Der Wasserwaal führte durch steiles Gelände über das Marchtal
und ist im letzten Abschnitt in Fels gehauen. Am Marchtalbachl stand einst die Mühle des
Gschlundnerhofes, von der heute nichts mehr zu sehen ist. Später, wahrscheinlich nach
dem Bau des Waales, wurde die Mühle zur Hof stelle verlegt, heute ist sie im Stadel untergebracht.
Nach dem Austritt des Waales auf die Wiesen des Gschlundnerhofes
werden ein größeres und darunter ein kleineres Wasserbecken gefüllt, die heute
zur Bewässerung der Wiesen und Äcker dienen. in der Schlucht unter dem Hof verliert
sich das Wasser.
Die Rechte der einzelnen Höfe an diesem unscheinbaren Wasserlauf
waren genau geregelt: Durch Ersitzung erwarb der Gschlundnerhof das Recht, das Wasser des Mühlweihers
des Müllerhofes in der Zeit von Georgi bis Michaeli jeden Jahres von Samstag abends, acht
Uhr, bis Sonntag abends, acht Uhr, zur Bewässerung der Güter abzuleiten und mußte
dafür jährlich einen Gulden dem Müllerhof zahlen.Das gleiche Recht stand von
Sonntag abends acht Uhr bis Montag abends acht Uhr dem Rutterhof zu, welcher drei Gulden zahlen
mußte. So wurde pünktlich der Tocken geöffnet und wieder geschlossen,
und das Wasser konnte entweder durch das Marchtal zum Gschlundnerhof abfließen oder es
wurde über die Wiesen in Richtung Müllerhof geleitet. An den übrigen Wochentagen
und in der Zeit von Michaeli bis Georgi gehörte das Wasser dem Müllerhof, doch hatten
der Köhl- und Tschuffenerlhof das Recht der unentgeltlichen Mitbenutzung des Wassers von
Montag Abend, acht Uhr, bis Samstag Abend, acht Uhr, zum Betriebe der Hof Mühlen; doch
wurde 1910 dem Müllerhof das Vorrecht zum Bezug von Bewässerungswasser vor den beiden
Höfen zugestanden, weil er ansonsten benachteiligt war, da das Wasser unterhalb der Köhlmühle
bereits zu tief war, um sämtliche Äcker und Wiesen des Müllerhofes zu erreichen.
Die tiefer liegenden Mühlen konnten vor allem im Winter mahlen, weil da das Wasser nicht
zum Bewässern benötigt wurde.
Auch heute noch wird dasselbe Wasser zum Bewässern dringend
benötigt; wenn wir aber bedenken, daß dieser unscheinbare Wasserlauf ehemals neben
sieben Mühlen auch andere Maschinen an trieb, so müssen wir feststellen, daß
er heute diese vielseitige Bedeutung verloren hat und daß auch hier mit den Mühlen
Beispiele alter Volks Technik verfallen.
Verfasst von Georg Tengler und veröffentlicht im Buche "Leifers-vom Dorf bis zur Stadt" im Jahre 1998© by Raiffeisenkasse Leifers